Stopp von Gas-Deal mit Senegal gefordert

Vor der Küste Senegals gibt es riesige Gasvorkommen. Deutschland will sich an der Förderung beteiligen, um die eigene Energiekrise zu überwinden. Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen schlagen Alarm.

Frankfurt a.M. - Organisationen aus Deutschland und dem Senegal haben einen Stopp des geplanten Gas-Deals zwischen beiden Ländern gefordert. Der Aufschluss neuer Gas- und Ölfelder sei generell nicht mit dem internationalen Ziel vereinbar, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, erklärten Aktivistinnen und Aktivisten der senegalesisch-deutschen Allianz für Klima-Gerechtigkeit am Dienstag bei einer Online-Veranstaltung.

Es sei absurd, dass man noch über solche Projekte sprechen müsse, sagte die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer. „Allein die Idee, dass wir in Deutschland Krisen lösen, indem wir in anderen Ländern neue Krisen schaffen, ist absurd.“ Deutschland will Gas aus dem Senegal importieren, um den Ausfall russischen Gases auszugleichen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bei einem Besuch im Senegal im Mai über eine solche Kooperation gesprochen. Dabei geht es um die Ausbeutung eines Gasfeldes an der Küste vor Senegal und Mauretanien.

Der Direktor der senegalesischen Dachorganisation Action Solidaire International, Mamadou Barry, sagte, die Bevölkerung im Senegal werde nicht an den Gewinnen aus dem Gas beteiligt. Stattdessen verliere sie wegen der Gas-Plattform und der sie umgebenden Sicherheitszone einen beträchtlichen Teil ihres Fischgrundes und werde von den Auswirkungen auf das Klima hart getroffen. Schon jetzt hätten durch Folgen wie Überflutungen sehr viele Menschen an der Küste, die von der Landwirtschaft und der Fischerei lebten, ihre Existenzgrundlage verloren. „Wir sind damit nicht einverstanden, dass nur für ausländische Interessen die Grundlage der Bevölkerung zerstört wird.“

Deutschland hat sich im Rahmen der Klimakonferenz im schottischen Glasgow 2021 wie andere Industrienationen verpflichtet, kein öffentliches Geld mehr in fossile Energiequellen im Ausland zu investieren. Beim Treffen der sieben größten Industrienationen (G7) im Juni in Elmau wurde diese Zusage aufgrund des Ausfalls russischen Gases teilweise relativiert, allerdings nur unter ganz bestimmten Bedingungen, darunter, dass das 1,5-Grad-Ziel nicht gefährdet werde.

Laut dem Geschäftsführer von Germanwatch und Sprecher der Klima-Allianz Deutschland, Christoph Bals, wurden allerdings bereits in einem Kabinettsbeschluss im September Fakten geschaffen, obwohl keine Einigung unter den Ministerien zum Gas-Vorhaben bestehe. Darin wurde beschlossen, mit Ländern zusammenzuarbeiten, in denen die Möglichkeit zur Gasförderung bestehe. „Das ist die Aufkündigung des Versprechens von Elmau.“ Denn die Erschließung neuer Gasfelder schaffe neue Abhängigkeiten, die das 1,5-Grad-Ziel torpedierten.

Bals forderte eine seriöse Prüfung darüber, was notwendig ist, um die Lücke russischen Gases zu schließen. Es sei absehbar, dass schon zwischen 2025 und 2027 die geplanten Lieferungen die Nachfrage in Deutschland und der EU überschreiten werden. Neue Gasfelder könnten hingegen vorher kaum oder nicht liefern. Am günstigsten lasse sich das meiste Gas durch eine bessere Strategie der Energieeffizienz von Gebäuden einsparen.

Laut der Klima-Allianz Deutschland erarbeitet die staatseigene KfW-Bank unter Federführung des Wirtschaftsministeriums derzeit neue Leitlinien zur Finanzierung von Öl- und Gasprojekten. Der Entwurf sieht demnach weitreichende Ausnahmen vor, die auch dann neue Projekte ermöglichen, wenn sie nicht mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatibel sind, so wie eine deutsche Beteiligung an einem neuen Gasfeld im Senegal.

Die „Senegal-Deutschland Bürger:innen-Allianz für Klimagerechtigkeit“ bildete sich auf der UN-Klimakonferenz im November im ägyptischen Scharm el Scheich als Reaktion auf die Pläne beider Regierungen. Daran beteiligt sind zahlreiche deutsche Organisationen, darunter die Klima-Allianz Deutschland, der wiederum rund 150 Organisationen angehören.

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