Hand in Hand mit der Außenwirtschaftsförderung

EU-Entwicklungspolitik
Die Entwicklungspolitik der EU folgt zunehmend einer geopolitischen Logik. Das hat Folgen für die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor, folgert ein Diskussionspapier – und leistet damit einem bedenklichen Trend Vorschub.

Schon seit geraumer Zeit wächst das Interesse der Entwicklungspolitik, den Privatsektor stärker für ihre Ziele zu mobilisieren. Private Unternehmen sorgen für Jobs, Einkommen und Steuereinnahmen und bilden in den meisten Ländern das volkswirtschaftliche Rückgrat. Investitionen von Unternehmen, aber auch von Anlegern wie Versicherungen oder Pensionsfonds können also zu nachhaltiger Entwicklung beitragen; unter diesen Umständen ist es sinnvoll, solchen Investitionen mit öffentlichen Mitteln zu fördern. Nicht zuletzt steuert der Privatsektor auf diese Weise Kapital bei, auf das die Entwicklungspolitik schielt.

Neuerdings kommt aber noch ein anderes Motiv hinzu: Westliche Geber stellen ihre Entwicklungspolitik zunehmend in den Dienst der Geopolitik. Auf diese Weise wollen sie dem Wirken vor allem Chinas in Afrika und in Südostasien etwas entgegensetzen – und auch dafür wird privatwirtschaftliches Engagement in diesen Weltregionen gebraucht. Vor diesem Hintergrund hat das European Centre for Development Policy Management (ECDPM) zusammengefasst, wie die Europäische Union (EU) versucht, den Privatsektor in ihre Entwicklungspolitik einzubinden. Das Diskussionspapier gibt zudem Empfehlungen, wie die EU das noch verbessern könnte und worauf sie achten sollte. 

Zusammengefasst macht das Papier deutlich: Vor allem mit neueren Initiativen wie Global Gateway – Brüssel will in den kommenden Jahren 300 Milliarden Euro in die technische und soziale Infrastruktur in Entwicklungs- und Schwellenländern investieren – lässt die EU ganz bewusst die Grenze zwischen der Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit mehr und mehr verschwimmen. Beides wird zunehmend komplementär genutzt mit dem Ziel, China Paroli zu bieten.

EU versucht, Investoren ins entwicklungspolitische Boot holen

Das Papier stellt einige Instrumente vor, mit denen die EU, aber auch einzelne EU-Mitgliedsländer versuchen, Unternehmen und andere Investoren ins entwicklungspolitische Boot zu holen. Dazu zählen Programme, die vor allem kleineren europäischen Unternehmen helfen sollen, Geschäftspartner in Entwicklungs- und Schwellenländern zu finden, dazu zählen ebenso Kreditgarantien der EU, mit denen etwa Entwicklungsbanken die Kapitalanlagen von Investoren sichern. Bei all diesen Instrumenten handelt es sich nicht um reine Außenwirtschaftsförderung, da sie bestimmten entwicklungspolitischen Anforderungen genügen müssen.

Die Autoren des Papiers plädieren wiederholt dafür, Entwicklungszusammenarbeit mithilfe des Privatsektors und Außenwirtschaft präzise voneinander zu trennen. Zugleich aber empfehlen sie der EU, sie solle ausloten, wo beides besser Hand in Hand gehen könnte – wo sich also etwa die Arbeit öffentlicher Entwicklungsbanken mit staatlicher Außenwirtschaftsförderung gut ergänzen könnte. Genau das aber dürfte dem Trend Vorschub leisten, die Grenzen zwischen beiden zu verwischen. China hat ja noch nie wirklich zwischen Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaftsförderung unterschieden, und die Ironie der Geschichte ist deshalb: Je stärker die EU der Volksrepublik in Afrika und anderen Regionen des globalen Südens etwas entgegenhalten will, desto chinesischer wird ihre Entwicklungspolitik.

Das ist dann auch der Mangel des ECDPM-Papiers: Es bestätigt den Kurs der EU, weist pflichtschuldigst auf einige Risiken hin, drückt sich aber vor der entscheidenden Frage, ob der Kurs überhaupt in die richtige Richtung führt. 

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