Minen trüben die Freude der Heimkehr

Prothetic Limbs Center Taiz
Das Prothesen- und Rehabilitationszentrum in Taiz versorgt Menschen, die aufgrund der Kriegsfolgen Gliedmaßen verloren haben, um ihre Integration in die Gesellschaft zu unterstützen und ihnen ein unabhängiges Leben zu ermöglichen.
Was tut sich im... Jemen?
Seit rund 10 Jahren kämpfen im Jemen aufständische Huthi-Milizen gegen die international anerkannte Regierung. Viele Einwohner fliehen deshalb zeitweise aus ihren Dörfern. Wenn sie zurückkehren, machen ihnen Minen das Leben schwer.

Sobald die Kämpfe in einer Region des Jemens abebben oder sich in andere Regionen verlagern, machen sich die geflohenen Bewohner auf den Weg nach Hause. Auch wenn ihre Häuser meist beschädigt sind, ziehen sie ihren Heimatort den Flüchtlingslagern und den provisorischen Unterkünften bei Verwandten vor.

So war es auch bei Samir (Name geändert), der 2018 zusammen mit seiner Familie und einigen Nachbarn per Auto aus dem Bezirk Al-Duraihimi in der Provinz Hodeidah ins etwa 40 Kilometer entfernte Mocha in der Provinz Taiz floh. „Wir flüchteten, als die Kämpfe das Dorf erreichten. In Mocha mussten wir dann wochenlang unter freiem Himmel unter einem großen Baum lagern“, berichtet der 43-Jährige. Schließlich ließ sich die Gruppe in einem provisorischen Lager für vertriebene Familien in Mocha nieder, wo sie zumindest zeitweise Nahrung und sauberes Wasser bekamen. 

Seit April 2022 herrscht im Jemen eine Art Waffenstillstand; seitdem sind viele vertriebene Familien in ihre Heimat zurückgekehrt. Auch Samis Familie packte ihre Habseligkeiten zusammen, als sie hörte, dass in ihrem Heimatdorf nicht mehr gekämpft wurde, und kehrte zurück. „Unser Haus war zwar beschädigt, aber ich war glücklich, wieder daheim zu sein und wieder als Fischer arbeiten zu können“, berichtet Samir.

Die Kämpfe sind vorbei, aber die Minen sind noch da

Autor

Nasser Al-Sakkaf

schreibt als freier Journalist im Jemen für mehrere internationale Zeitungen, Zeitschriften und Websites wie Middle East Eye, The New Humanitarian, Al Jazeera English und Newsweek Middle East.

Sein Glück währte allerdings nicht lange, denn nur wenige Tage nach seiner Rückkehr trat er auf dem Weg zum Meer auf eine Landmine und verlor dadurch sein rechtes Bein. Er hatte zuvor nie darüber nachgedacht, dass die Kämpfe zwar vorbei waren, dass aber unter der Erde weitere Killer lauerten: „Hätte ich von den Landminen gewusst, wäre ich nicht zurückgekehrt.“

Nun kann Samir nicht mehr fischen. Er verbringt seine Tage zu Hause und warnt seine Nachbarn vor verminten Gebieten. Erst seit kurzer Zeit weisen Schilder mit roten Linien die Bewohner auf das Risiko hin. Seit 2014 wurden im Jemen rund 9600 Menschen [BE1]  durch Landminen getötet oder verletzt, darunter überwiegend Frauen und Kinder.

Heute warnt Samir geflohene Familien eindringlich davor, verfrüht nach Hause zu kommen. „Ich weiß, dass Vertriebene es kaum erwarten können, in ihre Häuser zurückzukehren, wenn sie hören, dass die Kämpfe beendet sind oder sich verlagert haben. Aber ich bitte sie eindringlich, das nicht zu tun, bevor sie sich nicht vergewissert haben, dass es in der Gegend keine Minen gibt oder dass zumindest Schilder aufgestellt wurden, die darauf hinweisen, wo Minen verlegt sind.“ Sicherheit sei wichtiger als alles andere, und es sei „sinnlos, vor dem Krieg zu fliehen und dann, wenn man zurückkehrt und auf Frieden hofft, ein Bein zu verlieren, wie es mir passiert ist, oder gar den Tod zu finden.“ Zwar gebe es Bemühungen internationaler Organisationen und auch von Seiten der Regierung, die Menschen über die Landminen zu informieren und sie auch zu entfernen, aber längst nicht überall. 

Aus dem Englischen von Barbara Erbe.

 

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