Merz und die Mindeststeuer

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Steuerpolitik
Bundeskanzler Friedrich Merz will die globale Mindeststeuer für Unternehmen stoppen. Damit beweist er einmal mehr, dass multilaterale Politik für mehr Gerechtigkeit mit ihm nicht zu machen ist.

Tillmann Elliesen ist Redakteur bei "welt-sichten".

Selbst wenn sie ganz oben sind, reicht bei manchen Politikern der Blick offenkundig nur bis zum nächsten Kirchturm. Nach einem Treffen mit der bayerischen Landesregierung Mitte Juli auf dem Gipfel der Zugspitze, immerhin 2962 Meter über dem Meer, hat sich Bundeskanzler Friedrich Merz gegen die vor vier Jahren beschlossene globale Mindeststeuer für weltweit tätige Konzerne ausgesprochen. Merz sagte nach dem Treffen, die Steuer sollte in Europa gestoppt werden. Der Bundeskanzler trampelt damit auf dem einzigen, wenn auch zarten, Pflänzchen herum, die Besteuerung von Unternehmen global etwas gerechter zu gestalten.

Die in der OECD ausgehandelte Mindeststeuer in Höhe von 15 Prozent funktioniert so: Transferiert ein Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz einen Teil seiner Gewinne aus einem Land in ein anderes Land mit einem Steuersatz von weniger als 15 Prozent, dann darf das erste Land, in dem die Gewinne erwirtschaftet wurden, das Unternehmen mit der Differenz zu den 15 Prozent zusätzlich besteuern. Die Hoffnung: Weil die Steuerersparnis wegfällt, hat das Unternehmen keinen Anreiz, seine Gewinne in das Niedrigsteuerland zu verschieben.

Allerdings hat die Mindeststeuer wahrscheinlich nur wenig Wirkung, weil 15 Prozent viel zu wenig sind; im weltweiten Durchschnitt sind die Unternehmenssteuern deutlich höher. Die Reform könnte deshalb sogar dazu führen, dass Staaten, die darüber liegen, ihre Steuersätze in Richtung dieses Minimums senken.

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Dennoch ist die Reform ein Signal, dass sich etwas ändern muss. Aber selbst das geht Merz offenbar schon zu weit. Der Kanzler argumentiert, weil die USA unter Donald Trump ausgestiegen seien, habe die Mindeststeuer ohnehin keine Zukunft. Das Urteil des in Finanz- und Wirtschaftsfragen hoffnungslos irrlichternden US-Präsidenten zählt für Merz damit mehr als das Votum der rund 140 anderen Staaten, die der Reform beigetreten sind. Damit erteilt Merz neben einer auf Gerechtigkeit zielenden Steuerpolitik auch dem Multilateralismus eine Absage. Kirchturmpolitik eben. 

Im August beginnen bei den Vereinten Nationen die Verhandlungen über eine UN-Konvention zur internationalen Zusammenarbeit in der Steuerpolitik. Davon versprechen sich Fachleute viel mehr als von der halbherzigen OECD-Mindeststeuer. Von Deutschland ist da unter diesem Bundeskanzler allerdings wenig zu erwarten.

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