Zockerei am Edwardsee

Anfang März gab ein Konsortium der britischen Ölfirmen SOCO und Dominium bekannt, Kongos Präsident Joseph Kabila habe für die Erkundung von Ölvorkommen in der Region um den Edwardsee im Osten des Landes grünes Licht gegeben. Die EU hat damit ein Problem, denn in der Region liegt auch der Virunga-Nationalpark, der nicht zuletzt mit Geld aus Brüssel erhalten wird.

Vorerst sind magnetische Messungen aus der Luft vorgesehen, ab August sollen seismische Untersuchungen am Edwardsee folgen, der mitten im Schutzgebiet liegt, das UNESCO-Weltnaturerbe ist. Schon die Invasion mit schwerem Gerät für Bodenuntersuchungen und Probebohrungen würde mit Sicherheit das Ende der letzten Berggorillas im Virunga-Park bedeuten, fürchtet die UNESCO ebenso wie der WWF und andere Umweltorganisationen.

Autor

Heimo Claasen

ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".

Seitdem das Vorhaben der Ölfirmen bekannt ist, hagelt es Anfragen aus dem EU-Parlament an die EU-Kommission, sie solle gegen die Explorationspläne vorgehen. Doch Brüssel hat dazu kaum harte Druckmittel an der Hand. Entwicklungskommissar Andris Piebalgs konnte den Parlamentariern lediglich versichern, man werde dieses Anliegen mit der Regierung des Kongo weiter „verfolgen“.

Die Virunga-Parkwacht, die derzeit zehn Millionen Euro aus Brüssel erhält, nicht weiter zu unterstützen, wäre kontraproduktiv. Und dass die EU die Mittel für die Reform und die Ausbildung von Polizei und Armee des Kongo von derzeit fast 20 Millionen Euro streicht, ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil Brüssel daran womöglich noch mehr interessiert ist als die Kongo-Regierung selbst. Abstriche bei der humanitären Hilfe und bei der Entwicklungszusammenarbeit wiederum würden die Falschen treffen und nicht die Bonzen des Kabila-Regimes, die den ersten Zugriff auf den Handel mit den Konzessionen für die Ölfirmen haben.

Die Aussichten für die Ölsuche sind günstig, denn das Gebiet ist geologisch vergleichbar mit den neu erschlossenen ugandischen Ölfeldern am Albertsee weiter nördlich. Doch als Kinshasa 2010 erste Konzessionen im Süden des Virunga-Parks an Total und im Norden an die britische Firma SOCO vergab, erhob sich ein erster internationaler Entrüstungssturm. Auf Druck von Weltbank, EU, der norwegischen und der deutschen Regierung verpflichtete sich Kabilas Regierung vertraglich, die UN-Konventionen zu Biodiversität und Weltnaturerbe einzuhalten. Zudem soll ein von der EU finanziertes Umweltgutachten die Folgen der Ölexploration einschätzen. Das Ergebnis soll Ende dieses Jahres vorliegen.

Gegen eine Entschädigung könnte das Öl im Boden bleiben

Kongos Regierung stornierte nach den ersten Protesten die ersten Konzessionen an Total und SOCO wieder und erklärte zugleich, man könne der internationalen Gemeinschaft unter Umständen ein ähnliches Angebot vorlegen, wie es Ecuador in Bezug auf die Ölförderung im Yasuni-Nationalpark getan hat: Man könne das Öl im Virunga-Park im Boden lassen, wenn die internationale Gemeinschaft mindestens die Hälfte der zu erwartenden Einnahmen aus der Ölförderung als Entschädigung zahlt. Dazu müsste allerdings das Volumen der Vorkommen erkundet werden, und genau das ist Zweck der Exploration, für die Kabila jetzt grünes Licht gegeben hat.

Wenn dabei Öl nachgewiesen würde, Kinshasa aber keine Förderkonzessionen vergibt, dann könnte SOCO die Regierung für die saftigen Kosten der Exploration verklagen. Doch im Vergleich zu den zu erwartenden Einnahmen aus einem Öl-Ablasshandel mit der internationalen Gemeinschaft wäre das nur Kleingeld. Allerdings: Sollte der Kongo die Ölförderung am Ende doch erlauben, dürfte sogar noch mehr rausspringen.

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erschienen in Ausgabe 7 / 2012: Konzerne: Profit ohne Grenzen
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