Problemanzeigen zur Mission

Partnerschaft in Bewährung.
Ökumenische Beziehungen im 21. Jahrhundert

EMW-Jahresbericht 2009/2010,
Hamburg 2010, 66 Seiten,
Bezug und Download: www.emw-d.de

 

Einen ungewöhnlichen und interessanten Jahresbericht hat das Evangelische Missionswerk in Deutschland (EMW) vorgelegt: Statt vor allem die eigene Arbeit zu loben, legt er wachsende Probleme im Verhältnis zwischen deutschen evangelischen Kirchen und ihren Partnerkirchen aus armen Ländern offen. Er diagnostiziert eine „schleichende Erosion des partnerschaftlichen Miteinanders zwischen Kirchen auf Weltebene“.

Zunächst wird erklärt, wie die Emanzipation der Länder und Kirchen des Südens die Bedingungen der Mission verändert und den Anspruch der Partnerschaft begründet hat. Die Kirchen des Nordens hätten jedoch entwicklungspolitische Motive – das Helfen – zunehmend ins Zentrum gerückt, das gemeinsame Zeugnis und das gegenseitige Lernen seien zurückgetreten. Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts sei nun das Kirchturmsdenken auf dem Vormarsch: Im Zuge von Finanz- und Mitgliedereinbußen sowie inneren Reformen schwinde – allen Lippenbekenntnissen der Synoden zum Trotz – in Deutschland das Personal und der Rückhalt für die ökumenische Arbeit, Theologie aus dem Süden werde kaum mehr rezipiert.

Partnerschaften zwischen Gemeinden und einzelnen Kirchen seien wichtig, um deutsche Kirchen weltoffener zu machen. Ihre Arbeit sei aber in die Jahre gekommen und sollte evaluiert werden: Wie wirksam sind die Projekte solcher Partnerschaften, inwieweit beruhen sie auf einem Dialog auf Augenhöhe? Der Bericht benennt auch, wo es beim Dialog immer wieder schwierig wird: etwa bei Homosexualität, Frauenordination und der Bewertung der Globalisierung. Manche Kirchenvertreter aus dem Süden beklagten auch eine Abkehr des Nordens von Institutionen der Ökumene. Nach ihrem Empfinden sei der Aufbau des Netzwerks „Action by Churches Together“ (ACT), dem kirchliche Hilfswerke aus Nord und Süd angehören, zu stark vom Norden gesteuert. Eine Partnerschaft zwischen Reichen und Armen bleibt offenbar schwierig.

Differenzen zwischen deutschen Missions- und Entwicklungswerken scheinen im Beitrag über Korruptionsvermeidung auf: Er bezeichnet Verhaltenskodizes und das Prinzip „Null Toleranz für Korruption“ als wenig partnerschaftlich. Mit Blick auf Spender und Geldgeber in Deutschland zwängen Entwicklungswerke – also „Brot für die Welt“ und der Evangelische Entwicklungsdienst – Kirchen im Süden Maßstäbe auf, die der Realität ihrer Gesellschaften nicht immer entsprächen. Missionswerke hätten die Chance, „besser angepasste und abgestimmte Bedingungen für Mitteltransfers und notwendige Kontrollmechanismen zu schaffen“. Das Gegenargument, manche Eigenheiten der zwischenkirchlichen Beziehungen begünstigten Korruption und erschwerten Transparenz, erklärt der Bericht für veraltet. Diese Thesen scheinen wenig geeignet, die Debatte zu beenden.

Das EMW fordert im Kern ein Gesamtkonzept ökumenischer Mission, das Entwicklungsarbeit einschließt, sich aber nicht darauf beschränkt, und das festhält, inwieweit die weltweite Ökumene zum Wesen der Kirchen gehört. Der Bericht ist über weite Strecken von erfrischender Ehrlichkeit. In vielen Passagen wird sie allerdings von theologischem Jargon gemildert oder verdeckt. Dennoch ist zu hoffen, dass der Bericht gelesen und dass darüber gestritten wird.


Bernd Ludermann

 

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