Den Ökolandbau aus der Nische holen

 

Felix zu Löwenstein
Food Crash. Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr 
Pattloch-Verlag, München 2011, 320 Seiten, 19,99 Euro
 
Felix zu Löwenstein, prominenter Vertreter des deutschen Ökolandbaus, hat sich in der weltweiten Nahrungsmittelkrise ebenfalls mit einem Buch zu Wort gemeldet. Es will nicht ausgewogen sein – doch seine Positionen sind gut begründet.
 
Schon der Titel signalisiert eine klare Botschaft: Der agro-ökologische Ansatz ist in der Lage, die Weltbevölkerung zu ernähren, während die „konventionelle“ Landwirtschaft die Welt an den Abgrund führt. Die Gegenseite erntet viel Spott, angereichert von Erlebnissen von Löwensteins mit Vertretern der Agrochemie. Der ständige Ich-Bezug der Schilderungen mag manchen Leser abstoßen – andere mögen sich angesprochen fühlen, denn es geht um persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse. Das Persönliche macht das Buch, das sich einem solch sperrigen Thema widmet, kurzweilig. Es gibt gar nicht erst vor, Sachbuch zu sein.
 
Die Einsichten zu Löwensteins, untermalt mit unzähligen Bezügen zu eigenen Erfahrungen mit der Landwirtschaft im In- und Ausland, stehen für sich. Der Autor hat zweifellos eine Menge zu sagen, denn als ehemaliger Praktiker der Entwicklungshilfe und heutiger Leiter eines eigenen Landwirtschaftsbetriebs im Südhessischen weicht seine Sichtweise oft von vielen anderen neueren Veröffentlichungen zur Welternährung ab. Man muss den Mut und das Selbstbewusstsein des Autors bewundern. Er lässt kein Thema aus, das mit der weltweiten Nahrungsmittelverfügbarkeit zusammenhängt und behandelt die Auseinandersetzung mit der landwirtschaftlichen Produktionstechnik ebenso wie die Verschwendung von Nahrungsmitteln oder die Fischerei. Für alle, die sich dem Thema gerade erst nähern, ist das die richtige Dosis an Information. Der sympathisierende Fachmann hält jedoch häufig den Atem an und fragt sich, ob der Autor den komplexen Sachverhalten gerecht werden kann. In der Regel schafft er jedoch die Kurve, ohne banal oder zu ausführlich zu werden.
 
Am stärksten ist das Kapitel, in dem zu Löwenstein anhand von Projekten in Haiti, den Philippinen, Äthiopien, die er selbst kennen gelernt hat, berichtet, wie die ökologische Intensivierung der Landwirtschaft funktioniert und erfolgreich ist. 
 
Zur Vorstellung des Buches hatte zu Löwenstein den Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, eingeladen. Dieser äußerte allerdings kein Lob, wie es bei solchen Anlässen üblich ist, sondern verwies den Anspruch, mit Ökolandbau die Welt zu ernähren, in seine Grenzen. Bei der ökologischen Wirtschaftsweise handele es sich allenfalls um eine Nischenexistenz, an den modernen konventionellen Landbaumethoden komme man nicht vorbei, erklärte der Minister. Doch vielleicht sind gerade solche Äußerungen die beste Werbung für das Buch. (Rudolf Buntzel)

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