Neil Carrier and Gernot Klantschnig
Die wechselnden, unberechenbaren Machtverhältnisse in Guinea-Bissau erschwerten es den Kriminellen, ihr Netzwerk für den Drogenschmuggel zu festigen, argumentieren die Autoren: Auch Drogenhändler brauchen verlässliche Partner mit gesicherter Macht. Das fänden Schmuggler eher in stabileren Ländern wie Nigeria, Kenia oder Südafrika. Doch auch in diesen Staaten und generell in Afrika gebe es wenig Anlass zu der Befürchtung, dass der Drogenhandel ganze Regionen destabilisieren werde. Im Jahr 2009 sei nur ein Prozent des weltweit beschlagnahmten Kokains in Afrika gefunden worden. Die Transportwege aus Lateinamerika oder Asien seien lang und der Markt in Europa weit weg. Ein weiterer Anlass für vorsichtigen Optimismus: Bisher werde in Afrika weder Mohn noch Koka in nennenswerter Menge angebaut.
Das war früher anders. Die Autoren verweisen auf die Opium-Produktion während der Kolonialzeit am Sambesi-Fluss, und sie legen dar, dass Marihuana, Khat und andere weichere Drogen in Teilen Afrikas seit Jahrzehnten Teil der Alltagskultur sind – und oft eine der wenigen Einkommensquellen für Kleinbauern. Das allerdings werde von den Industrieländern in ihrem längst gescheiterten „Krieg gegen Drogen“ ignoriert. Auch viele afrikanische Staaten setzten mehrheitlich auf Repression statt auf eine teilweise Entkriminalisierung, um die schädlichen Begleiterscheinungen der Drogenwirtschaft einzudämmen. In einigen Ländern wie Tansania, Kenia, Mauritius und Südafrika entwickele sich immerhin eine Diskussion jenseits von Verboten und Strafen.
Der Verdienst der Autoren liegt – nach einem etwas langatmigen Einstieg – darin, in einer aufgeheizten Debatte moderate Töne zu finden gegen den verbreiteten Alarmismus. Die Befürchtungen einer Region voller Narco-States sei übertrieben, betonen sie. Dafür liefern sie einige glaubwürdige Argumente. Genau weiß es allerdings niemand, denn keiner kann sagen, wie viel geschmuggelte Drogen unentdeckt ihren Weg nach Europa finden. (Felix Ehring)
Neuen Kommentar hinzufügen