Die befreiungstheologischen Bewegungen haben eine revolutionäre Veränderung im Denken und Handeln konzipiert und vermittelt. Duchrow beschreibt, wie sie die Grundlinien biblischer und biblisch verwurzelter christlicher Theologie und Ethik bezeugt und gelebt haben und wie sie darin in entscheidenden Aspekten mit anderen religiösen Traditionen wie dem Islam und dem Buddhismus übereinstimmen. Zugleich werden die Religionen in ihrer fragwürdigen Wirkung auf die Welt des Geldes gesehen. Duchrow macht sichtbar, wie tief die kulturellen Wurzeln des Kapitalismus reichen.
Duchrow beschreibt religiöse Traditionen, die dem Kapitalismus und seinen Begleiterscheinungen wie Militarismus und Rassismus zuwiderlaufen. Er ist vielen Akteuren der Befreiungstheologie verbunden und hat sich an ihren Aktivitäten beteiligt. Auf diesem Hintergrund zeigt er ihre prophetische und wegweisende Bedeutung und verweist auf die vielfältigen „Auswege aus der Kapitalismusfalle“, die in der biblisch-christlichen Tradition verwurzelt sind, etwa im Zinsverbot und in einer Ethik des Zinsnehmens, die stets eine zentrale Bedeutung für eine gerechte und faire Wirtschaft hatte. Im Zentrum stehen Gerechtigkeit, Freiheit für die Armen und Schwachen, entsprechende Strukturen und alternative Formen des Wirtschaftens.
In der Diskussion über die kapitalistische Wirtschaftsform und die Proteste dagegen, die nur sehr begrenzt in der politischen Öffentlichkeit angekommen sind, zeigt Duchrow, worin die Kritik begründet sein muss. Es geht nicht um eine moralische Korrektur von Geldgeschäften, sondern um ein anderes Verständnis des Wirtschaftens, wie es die Befreiungstheologie entwickelt und in verschiedenen Kontexten vorgelebt hat. Entscheidend ist die nachvollziehbare und wissenschaftlich fundierte Erkenntnis, dass realistische Auswege aus der Kapitalismusfalle gerade die sind, die den gegebenen Realitäten mit grundlegend anderen Einsichten entgegentreten. Duchrows Buch trägt zur aktuellen Diskussion bei, weil es diese Erkenntnis – in begründeter Hoffnung – erneut in den Blick rückt. (Hans G. Ulrich)