Eine besondere Ressource

Derek Hall
Land
Polity Press, Cambridge und Malden (MA) 2013, 204 Seiten, 16,20 Euro

Eine ausgezeichnete Einführung zur politischen Bedeutung von Land hat der in Kanada lehrende Politikwissenschaftler Derek Hall vorgelegt. Land ist danach eine besondere Ressource: Es ist ortgebunden, überall anders beschaffen und für praktisch alles nötig, was Menschen tun – von Äckern über Häuser, Straßen und Fabriken bis zu Erholungsgebieten und Müllhalden. Häufig wird es nicht gekauft, sondern gepachtet, oft mit Auflagen für die Nutzung. Und es ist als Heimat tief verbunden mit der Identität von Menschen und Gruppen.

Wer bestimmte Grundstücke besitzt, ist laut Hall daher nur eine von drei Hauptfragen der Landpolitik. Zunächst sei Land als Territorium eng verknüpft mit politischer Herrschaft und der Identität, etwa als Nation. Die zweite Grundfrage ist für ihn die Regulation: Welche Regeln setzt wer für den Erwerb und die Nutzung von Land – auch etwa mit Umweltschutz- oder Bebauungsregeln? Regulation, betont Hall, ist zum Gegenstand transnationaler Einmischung geworden – wenn die Weltbank und Konzerne auf den Übergang zu privatem Landbesitz in Afrika drängen, aber auch wenn Umweltverbände Naturschutzgebiete im Süden verlangen.

Alle drei Hauptfragen sind laut Hall heute Gegenstand komplexer, staatenübergreifender Auseinandersetzungen. Ein Kapitel zeigt das an Grenzräumen (Frontiers); dort treffen oft Ansprüche neuer Siedler, indigener Völker und mehrerer Behörden aufeinander, die das Gebiet unter staatliche Hoheit bringen wollen. Besonders lesenswert ist die Analyse zu „land booms“. Hall zeigt, wie der Trend zu grenzüberschreitendem Landerwerb mit globalen Produktionsnetzen zusammenhängt und dass Konzerne nicht nur Land kaufen oder pachten, sondern auch auf laxere Regeln dafür drängen. Einen entscheidenden Faktor des „land grabbing“ sieht er im von Regierungen im Süden unterstützten Versuch, mit großen Investitionen „Fortschritt“ anzustoßen – auch gegen den Willen von Betroffenen. Traditionelle Landrechte festzuschreiben, kann dabei Konzernen den Landkauf sogar erleichtern: Sie können dann größere Flächen von nur einem Handelspartner kaufen.

Halls polit-ökonomischer und historischer Zugang ist überzeugend. Man merkt, dass er selbst über Landfragen in Asien geforscht hat. Wer globale Auseinandersetzungen über die Ressource Land verstehen will, sollte dieses Buch lesen. (Bernd Ludermann)

Erschienen in welt-sichten 10-2013

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