Seit September versenken US-Kriegsschiffe immer wieder in der Karibik und im Ostpazifik Boote von vermeintlichen Drogenschmugglern. Um die 60 Menschen sind bei solchen Angriffen, die auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte als unvereinbar mit internationalem Recht anprangert, bisher zu Tode gekommen. In diesen Tagen soll auch der aus dem Mittelmeer in die Karibik beorderte größte Flugzeugträger USS Gerald Ford vor der Küste Venezuelas kreuzen, begleitet von Zerstörern mit Tomahawk-Marschflugkörpern, einem Atom-U-Boot, Langstreckenbombern, Kampfjets, Militärhubschraubern sowie Tausenden US-Soldaten, die in die Region verlegt worden sind.
Die USA, so stellt es ihre Regierung dar, befänden sich in einem Verteidigungskrieg gemäß Artikel 51 der UN-Charta, der Staaten das Recht auf Selbstverteidigung einräume. Zum Angreifer, gegen den die USA sich angeblich verteidigen, hat die Regierung Trump nicht den Staat Venezuela bestimmt – das ließe sich offensichtlich auch nicht belegen. Vielmehr sieht sie ihren Kriegsgegner in venezolanischen Drogenkartellen, die sie kurzerhand als „ausländische Terrororganisationen“ bezeichnet, welche tödliches Fentanyl – das nebenbei hauptsächlich aus Mexiko in die USA gelangt – und auch Kokain – was wiederum größtenteils über Kolumbien ins Land kommt – in die USA bringen wollten.
Willkürliche Benennung von "Terroristen"
Aber Drogenhändler, die für ihren Profit das Elend vieler Menschen in Kauf nehmen, sind Kriminelle und nicht Terroristen, die mit Gewalt und Anschlägen politische Ziele erreichen wollen. Darüber hinaus gelten auch Terroristen laut humanitärem Völkerrecht nur dann als Kriegspartei, wenn sie einen Staat im Rahmen eines bewaffneten Konflikts organisiert angreifen. Das Völkerrecht lässt den Präsidenten und, wie es scheint, auch den US-Kongress kalt. Sie schaffen aber einen gefährlichen Präzedenzfall für alle Autokraten, die es ihren Armeen kräftemäßig zutrauen, ein Land zu attackieren, das ihnen politisch oder wirtschaftlich ein Dorn im Auge ist: Man ernenne ein paar „Terroristen“, bezichtige sie gewalttätiger Angriffe auf den eigenen Staat – und schon kann der „Verteidigungskrieg“ geführt werden. Dass dabei Menschen auf Basis unbelegter Annahmen außergerichtlich hingerichtet werden, nimmt das US-Militär dabei nicht nur in Kauf, man scheint es sogar darauf anzulegen. Wie sonst lässt sich erklären, dass das US-Militär Mitte Oktober zwei Überlebende seines Schiffsangriffs in der Karibik nicht festgenommen, sondern zurück in ihre Heimatländer Kolumbien und Ecuador geschickt hat?

Neuen Kommentar hinzufügen