Ein vergiftetes Angebot

US-Gesundheitspolitik
Nach der Zerstörung von USAID lockt die Trump-Regierung Afrika mit neuen entwicklungspolitischen Abkommen. Die entpuppen sich bei genauerer Betrachtung allerdings als unvernünftig und unverschämt, meint Tillmann Elliesen.

Tillmann Elliesen ist Redakteur bei "welt-sichten".

2025 war ein hartes Jahr für die internationale Entwicklungszusammenarbeit. Viele wichtige Geberländer haben ihre Budgets gekürzt, allen voran die USA. Dort hat die Regierung von Donald Trump nicht nur reihenweise Hilfsprogramme gestrichen, sondern gleich die staatliche Agentur USAID zerschlagen. Eine Zeitlang war offen, ob sich Washington damit aus der Entwicklungszusammenarbeit verabschiedet oder einen neuen Weg einschlägt. 

Mittlerweile ist klar: Die USA bleiben dabei, vor allem in der humanitären Hilfe und in der Gesundheitspolitik. Allerdings mit deutlich weniger Geld und mit einem Ansatz, von dem die USA am Ende möglicherweise mehr profitieren als die vermeintlichen Nutznießer im globalen Süden.

In den kommenden Wochen will Washington mit Dutzenden Staaten in Afrika bilaterale Abkommen über eine Zusammenarbeit in der Gesundheitspolitik schließen. Bis Mitte Dezember waren vier Verträge mit Kenia, Lesotho, Ruanda und Uganda unter Dach und Fach. Sie setzen auf die direkte Zusammenarbeit mit den Regierungen sowie ausgewählten glaubensbasierten Organisationen dieser Länder statt auf US-amerikanische oder internationale NGOs, die früher häufig im Rahmen von USAID-Programmen beauftragt wurden. 

Die USA setzen außerdem darauf, dass die afrikanischen Staaten sich selbst stärker engagieren und Verantwortung übernehmen. Kenia etwa hat die US-Regierung für die kommenden fünf Jahre ein Hilfspaket in Höhe von 1,6 Milliarden US-Dollar zugesagt – unter der Voraussetzung, dass die kenianische Regierung im selben Zeitraum aus eigener Tasche 850 Millionen US-Dollar in Gesundheit investiert.

Auch hier gilt: America First

Das klingt beim ersten Hören vernünftig, könnte ein solcher Ansatz doch dazu führen, dass die einheimischen staatlichen Strukturen in der Gesundheitsversorgung gestärkt statt ausländische Hilfsorganisationen mit Aufträgen versorgt werden. Allerdings unternimmt die Trump-Regierung nichts, was nicht zuallererst Amerika dient – und so ist es auch mit ihrer neuen Entwicklungszusammenarbeit. Denn von den Milliarden, die im Rahmen der neuen Abkommen in die afrikanische Gesundheitsversorgung fließen sollen, sollen vor allem US-amerikanische Unternehmen profitieren. Mit dem Geld, einschließlich der Beiträge der afrikanischen Staaten, sollen vorrangig Gesundheitsprodukte und Dienstleistungen made in USA gekauft werden. 

Das klingt schon weniger vernünftig. Es ist nämlich zweifelhaft, dass der neue Ansatz der USA mehr entwicklungspolitische Wirkung pro Dollar bringt als die von Trump als verschwenderisch und sinnlos verteufelte Arbeit von USAID. Denn solche an eigene Unternehmen gebundene Hilfe – im Jargon „tied aid“ – ist erwiesenermaßen weniger effizient, als wenn die erforderlichen Produkte und Dienstleistungen auf dem freien Markt eingekauft werden. 

Die USA stehen hier nicht allein. Auch andere Geber nutzen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit zunehmend unverhohlen zur Subventionierung der heimischen Wirtschaft. Das Bundesentwicklungsministerium hat erst vor kurzem einen Aktionsplan verabschiedet, der sicherstellen soll, dass deutsche Unternehmen künftig größere Stücke vom entwicklungspolitischen Kuchen abbekommen.

Aber wie so oft geht Washington skrupelloser als andere voran. Erst hat die Trump-Regierung von heute auf morgen milliardenschwere Hilfsprogramme beendet und in vielen Ländern Afrikas riesige Löcher in der Gesundheitsversorgung aufgerissen. Dann legt sie den Regierungen nach dem Motto „Friss oder stirb!“ neue Abkommen vor, die mit Geld locken, unterm Strich aber vor allem kommerziellen US-Interessen dienen.

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Nicht mehr nur unvernünftig, sondern geradezu unverschämt sind dabei die den Abkommen beigefügten Vereinbarungen über „Datenaustausch“ im Gesundheitsbereich. Darin verlangen die USA, dass die afrikanischen Partner ihnen auf Verlangen genetische Daten von Krankheitserregern sowie weitere Informationen über die Verbreitung solcher Erreger und über Krankheitsbilder überlassen. Solche Daten und Informationen sind wichtig, um Impfstoffe und neue Medikamente zu entwickeln, und wären damit eine Goldgrube für die US-amerikanischen Pharmakonzerne. Die USA sagen zwar zu, ihren Partnern in Afrika Medikamente oder Impfstoffe zu verkaufen, die auf Grundlage afrikanischer Daten entwickelt wurden, allerdings nur solange sie die nicht selbst brauchen. Mit solchen unverbindlichen Versprechen wurde Afrika bereits während der Covid-Pandemie abgespeist. 

Von „Austausch“ kann also keine Rede sein. Ganz anders als im angestrebten Abkommen mit dem Kürzel PABS (Pathogen Access and Benefit Sharing), über das die Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation WHO seit vier Jahren verhandeln: Es zieht Lehren aus der Covid-Pandemie und soll gewährleisten, dass Staaten ihre Daten über gefährliche Erreger weitergeben und zugleich Zugang zu den mithilfe solcher Daten entwickelten Diagnostika, Medikamenten und Impfstoffen bekommen.

Die Trump-Regierung ist schon kurz nach Amtsantritt aus der WHO ausgetreten, und es ist offensichtlich, dass sie die multilateralen Verhandlungen über PABS unterlaufen und sich über die angestrebten bilateralen Vereinbarungen exklusiven Zugriff auf kostbare Erregerdaten aus Afrika sichern will. Darauf dürfen sich die afrikanischen Regierungen nicht einlassen; sie dürfen sich hier von den USA nicht auseinanderdividieren lassen. Nur über ein möglichst starkes multilaterales Abkommen ist gewährleistet, dass Afrika in der nächsten Pandemie anders als bei Covid nicht wieder um Impfstoffe und Medikamente betteln muss. Washingtons neue Gesundheitspartnerschaften sind ein vergiftetes Angebot. 

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