Klimaforschung als Heldenepos

Spektakuläre Landschaftsaufnahmen, eine Fülle von Archivmaterial über Forscher  im ewigen Eis, und immer wieder Claude Lorius, der große Pionier der Glaziologie: Luc Jacquet hat seine Dokumentation als Hommage an ihn und als Abenteuerfilm inszeniert. Filmstart ist der 26. November.

„Alles, was wir vorausgesagt haben, ist eingetroffen“, sagt der 83-jährige Ich-Erzähler schon zu Beginn dieses Films. „Die Polkappen schmelzen, die Wälder brennen, Wirbelstürme verwüsten ganze Landstriche, und die Meeresströme verändern ihre Richtung.“ Der französische Filmemacher Luc Jacquet setzt den betagten Forscher Claude Lorius  in seiner Dokumentation ehrfürchtig  in Szene. Ebenso zerbrechlich wie würdevoll sitzt der alte Herr im Laufe des Films immer wieder vor gigantischen Eisbergen, am Ufer des Polarmeeres oder vor überwältigenden Felslandschaften, und blickt nachdenklich ins Weite. Oder er schreitet ruhig durch unendlich scheinendes Land.

Gesprochen von einem Schauspieler, kommentiert Claude Lorius  aus dem Off die großartigen Naturaufnahmen und blickt dabei auf fast 60 Jahre seines Wirkens  in Schnee und Eis zurück. Kein Zweifel: Die Dokumentation über den leidenschaftlichen Glaziologen,  der  1965 als erster  Wissenschaftler vor der globalen Erderwärmung und deren Folgen gewarnt hat, ist eine Hommage an dessen Forschergeist. Der Verehrte wird mit imposanten Bildern und dramatischer Musik inszeniert und gefeiert.

Aber der Film bietet noch mehr: Wer sich von den Erzählungen des charismatischen Wissenschaftlers und den Bildern tatkräftiger junger Forscher in schwerer Montur in seinen Bann ziehen lässt, erlebt den mühsamen Weg zur wissenschaftlichen Erkenntnis  hautnah mit, und zwar als packenden Krimi. Werden die Forscher bei mehrstelligen Minustemperaturen und eisigem Wind ihren Weg durch die Polarwüste finden? Wird ihre Ausrüstung den Belastungen standhalten?

Zahlreiche historische Aufnahmen belegen, unter welch extrem harten Bedingungen sich die jungen „Kameraden“ im wahrsten Sinne des Wortes zur wissenschaftlichen Erkenntnis  gekämpft haben: Sätze wie „Jeder Schritt kann sich in eine tödliche Falle verwandeln“ erscheinen angesichts dieser Bilder nicht mehr dramatisch übertrieben.

Und schließlich, der Höhepunkt der Expeditionen: die Erkenntnis, dass sich die  Schneeschichten  der Antarktis über Jahrmillionen abgelagert haben und „wie ein Buch“ lesbar sind.  Mit speziellen, kilometertief reichenden Bohrgeräten können die Wissenschaftler um Claude Lorius Informationen über Temperaturen, Niederschlagsmenge, Zusammensetzung der Atmosphäre, ja selbst Spuren globaler Unwetter und Vulkanausbrüche sammeln und bis in die verschiedenen Eiszeiten zurückverfolgen. Lorius: „ Die Tore zum Klima der Vergangenheit sind aufgestoßen.“

Wie Lorius‘ Team das Fundament für die moderne Klimaforschung gelegt und schon vor Jahrzehnten gezeigt hat, dass sich die Erde aufgrund menschlichen Verhaltens erwärmt, das erzählt Luc Jacquet („Die Reise der Pinguine“, „Das Geheimnis der Bäume“) ebenso nachvollziehbar wie pathetisch. Und lässt seinen Helden abschließend sagen: „Meine Geschichte ist zu Ende. Wir müssen nur noch handeln. Jetzt, da Sie und ich Bescheid wissen – was werden Sie tun?

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