Ode an junge Aktivistinnen

Dear Future Children. Deutschland, Großbritannien, Österreich 2020, Regie: Franz Böhm, 90 Minuten. Kinostart: 14. Oktober

Franz Böhm geht in seiner Dokumentation der Frage nach, warum weltweit junge Menschen Zeit und Energie investieren, um sich für eine bessere Welt zu engagieren. Herausgekommen ist ein eindringliches Porträt dreier Aktivistinnen aus Chile, Uganda und Hongkong.
 
Spätestens seit der von Greta Thunberg gegründeten Bewegung Fridays for Future gehen in vielen Ländern Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für mehr Klimaschutz auf die Straße. Auch für andere politische Ziele versammeln sich junge Aktivisten seit einigen Jahren zu kraftvollen Straßenprotesten. Sie wollen sich mit Missständen nicht mehr abfinden und auf das politische Geschehen einwirken. Zu dieser Generation der Aufmüpfigen gehört auch der 1999 geborene Regisseur Franz Böhm, der in seinem ersten langen Dokumentarfilm drei junge Aktivistinnen aus drei Kontinenten porträtiert. Abwechselnd schildert er deren Lebensgeschichten in einer durchgehenden Parallelmontage.

Gummigeschosse und Tränengas gegen junge Demonstranten in Chile

Die 23-jährige Rayen aus Chile steht in der vordersten Linie, wenn junge Leute und Menschen aus der Arbeiterklasse gegen die zunehmende soziale Ungleichheit demonstrieren. In keinem anderen südamerikanischen Land sind die Einkommen so ungleich verteilt wie in Chile, wo selbst das Gesundheitssystem und die Trinkwasserversorgung privatisiert sind. Immer wieder kommt es zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten, die oft Gummigeschosse und Tränengas einsetzen und dabei auf Gesichter zielen – mit verheerenden Folgen wie etwa Erblindungen. 

Hilda aus Uganda hat mit elf Jahren die Auswirkungen des Klimawandels am eigenen Leib gespürt. Ihre Eltern haben nach Jahren des Wechsels zwischen Dürre und Sturzregenfällen, die die Äcker verwüsteten, ihren Bauernhof verloren. Die verarmte Familie zog in die Hauptstadt Kampala, wo Hilda 2017 beschloss, gegen die grassierende Umweltverschmutzung vorzugehen: Mit einigen Gesinnungsgenossen sammelte sie an Flussufern zahllose leere Plastikflaschen ein. Um ein breiteres Bewusstsein für die Folgen des Klimawandels zu schaffen, gründete die 22-jährige Studentin mit anderen den ugandischen Ableger von Fridays for Future.

Nah dran und emotional

Die 22-jährige Pepper aus Hongkong ist die einzige Protagonistin, deren Gesicht man nicht sieht. Um anonym zu bleiben, trägt sie eine Maske, Pepper ist ein Tarnname. Sie engagiert sich gegen den wachsenden Einfluss Chinas in der Sonderverwaltungszone und sieht den Einsatz für Demokratie und Unabhängigkeit als Kampf für die eigene Zukunft. Als vorwiegend junge Oppositionelle 2019 gegen das geplante Sicherheitsgesetz protestieren, mit dem die Führung in Peking ihren Zugriff auf Hongkong ausweitet, stellt sie sich an die Frontlinie der Demonstrationen, um Ältere und Familien mit Kindern gegen Polizeigewalt zu schützen. „Wir wollen keine Diktatur wie in China“, sagt Pepper.

Die drei Frauen erzählen in dem weitgehend über Crowdfunding finanzierten Film offen von ihren Motiven, Hoffnungen und Ängsten sowie von ihren persönlichen Opfern. Die agile Kamera folgt ihnen aus großer Nähe. Wenn die Frauen direkt in die Kamera sprechen, wirkt das authentisch und ehrlich. 

Wie die Protagonisten ergreift der Regisseur eindeutig Partei und nutzt dabei bewährte Mittel der Emotionalisierung, wenn er bedrohliche Musik über die Bilder der Proteste legt oder diese teilweise in Zeitlupe zeigt. Am Ende zeigt sich Pepper, die inzwischen im Ausland lebt, resigniert: „Alles, was wir getan haben, war umsonst.“ Hilda setzt dagegen ihr Studium fort, und Rayens Mut ist ungebrochen: „Ich werde alles geben für eine bessere Zukunft.“

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