Alex Veit
Intervention as Indirect Rule
Civil War and Statebuilding in the Democratic Republic of Congo
Campus Verlag, Frankfurt 2010,
292 Seiten, 39,90 Euro
Nach Kriegen und Konflikten legen internationale Organisationen und politische Berater großen Wert auf den Wiederaufbau von Staatlichkeit. Wie schwierig diese Aufgabe ist, zeigt der Bielefelder Politikwissenschaftler Alex Veit am Beispiel der Demokratischen Republik Kongo. Er hat zwischen 2005 und 2008 im umkämpften und ressourcenreichen Ituri-Distrikt der Provinz Orientale geforscht. Seine wiederholten monatelangen Aufenthalte ermöglichten ihm, grundlegende Strukturprobleme und Veränderungen zu erfassen. Sie betreffen keineswegs nur das sich schnell drehende Karussell mächtiger und abgesetzter Kriegsherren.
Veit nimmt darüber hinaus die Aufgaben von UN-Organisationen und ihr schwieriges Verhältnis zu staatlichen Institutionen wie der kongolesischen Armee unter die Lupe. Er widmet sich zudem dem schleppenden Umbau des Militärs, in das demobilisierte Milizen einbezogen wurden. Menschenrechtsexperten und die Zivilbevölkerung beobachten die Armee kritisch aufgrund ihrer Verstrickung in Gewalt und Ressourcenkonflikte.
In seinem vielschichtigen Panorama von Interessengruppen differenziert der junge Politikwissenschaftler auch zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren, die teilweise in Konkurrenz zueinander treten. Anschaulich untersucht er, wie sich lokale Machthaber gegenüber alten und neuen staatlichen Eliten und internationalen Organisationen positionieren. Letztere sind auf lokale Ansprechpartner und Informationsvermittler angewiesen, wobei sie Formen indirekter Herrschaft errichten.
Die Studie zeichnet sich dadurch aus, dass sie solche aktuellen Machtkonstellationen und Transformationsprozesse detailliert analysiert und historisch herleitet. In zeitlichen Längsschnitten erfährt der Leser, wie die belgische Kolonialmacht indirekte Herrschaft aufbaute und Gewaltmuster etablierte. Daran knüpfte der Despot Mobutu an, den die westlichen Regierungen über Jahrzehnte hofierten. Die verhinderte Demokratisierung Anfang der 1990er Jahre und wesentliche Kennzeichen der Kriege ab 1996 kommen ebenfalls zur Sprache. Sachlich beschreibt Veit die Zusammensetzung unterschiedlicher Milizen und die Herkunft sowie den Aufstieg und Niedergang ihrer Anführer.
Auch Spannungen zwischen militärischen Kontingenten der UN-Friedensmissionen und internationalen humanitären Organisationen werden erläutert; ihre zeitliche Einordnung sowie die Erklärungen aus den UN-internen institutionellen Strukturen und Prozessen sind erhellend. Die Abstimmungsprobleme, latente Konflikte über Prioritäten und die mangelnde Kontinuität durch personellen Wechsel reichen weit über das Fallbeispiel Kongo hinaus. Das gut lesbare Buch dürfte auch Mitarbeiter von Entwicklungsorganisationen interessieren, die zu anderen Ländern arbeiten.
Rita Schäfer
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