Afghanistan: Ist der IS auf dem Vormarsch?

Kurz erklärt
Der Islamische Staat hat sich in den vergangenen Monaten zu Anschlägen in Afghanistan bekannt. Katja Mielke vom Internationalen Konversionszentrum in Bonn erklärt, wie das einzuordnen ist.

In den vergangenen Monaten gab es schwere Terroranschläge in Afghanistan, zu denen sich der IS bekannt hat. Wie stark ist die Organisation am Hindukusch?
Oft wird eine Präsenz nur behauptet oder es tauchen Symbole des IS auf. Wir sprechen von echter Präsenz, wenn der IS wenigstens rudimentäre Verwaltungsstrukturen aufgebaut hat, wenn es also Gerichte und andere Behörden gibt. Das ist nur in der Provinz Nangarhar im Osten des Landes der Fall – und auch dort nur noch in vier von anfangs acht Distrikten. In Kundus gab es ebenfalls Hinweise auf IS-Strukturen. Aber da haben wir nur verschiedene kleine dschihadistische Gruppen vor allem aus ehemaligen Taliban gefunden. Die bekennen sich zwar teilweise zum IS, aber es gibt niemanden, der in seinem Namen Institutionen schafft.

Hat der IS in Nangarhar Beziehungen zur Zentrale in Syrien?
Wir haben keine Hinweise darauf gefunden, dass der afghanische IS aus Syrien Direktiven oder Geld erhält. Es gibt Afghanen, die als IS-Kämpfer nach Syrien oder Irak gegangen sind, allerdings nach unseren Erkenntnissen nicht so viele, wie manchmal behauptet wird.

Was sagen die Taliban zum IS?
Es gibt einerseits eine große Rivalität; häufig haben sich im vergangenen Jahr beide zu denselben Anschlägen bekannt. Andererseits sind die Grenzen fließend: Leute, die mit dem IS sympathisieren, sind entweder Taliban oder gehören anderen dschihadistischen Gruppen an. Ideologisch sind die sich alle recht ähnlich.

Wie groß ist der Rückhalt in der Bevölkerung?
In Nangarhar, wo die Taliban und auch die Regierung nie besonders stark waren, wurde der IS am Anfang durchaus unterstützt. Das hat aber schnell nachgelassen, als er immer gewalttätiger wurde und sogar Stammesälteste umgebracht hat.

Was kann der Westen tun?
Wir sollten die afghanische Regierung unterstützen, die Religionsschulen besser zu kontrollieren, die salafistisches Gedankengut verbreiten. Und wir müssen in diesem Zusammenhang besser verstehen und offener benennen, welchen Einfluss Saudi-Arabien in Afghanistan hat.

Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.

 

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erschienen in Ausgabe 4 / 2017: Die Versuchung des Populismus
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