EU-Parlament will schärfere Kontrollen

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Dual-Use-Güter
Autokraten nutzen Computertechnologie, um Regimegegner ausfindig zu machen und Protest zu unterdrücken. Solchen Menschenrechtsverletzungen will das Europaparlament einen Riegel vorschieben.

Die Parlamentarier stimmten am 17. Januar in Straßburg für eine Reform der EU-Dual-Use-Verordnung: Die Ausfuhrkontrollen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck sollen ausgeweitet und verschärft werden. Es geht um Fälle wie den des Menschenrechtlers Abdul Ghani al-Khanjar, erklärte der federführende Abgeordnete Klaus Buchner in der dem Votum vorangehenden Debatte.

Der Aktivist sei während des Arabischen Frühlings 2011 in Bahrain gefoltert und eingesperrt worden, die Polizei habe ihm als Beweis seiner angeblichen Vergehen Ausdrucke seiner Telefondaten vorgehalten, schilderte der Abgeordnete der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP). "Diese Daten konnten nur durch Überwachungstechnologie gehackt werden, die aus Europa importiert wurde. Beispiele wie diese gibt es Tausende", sagte Buchner.

Dual-Use-Güter, die für zivile wie militärische Zwecke nutzbar sind, unterliegen bereits Exportkontrollen. Zu den Gütern zählen Industrieteile, Chemikalien, U-Boote und auch Cyber-Überwachungs-Technologie wie Software zum Hacken von Computern und IMSI-Catcher zum Ausspähen von Mobiltelefonen.

Werden Menschenrechte verletzt?

Die Neuregelung würde die Kontrollen der Überwachungs-Technologie doppelt ausweiten. Zum einen müsste die bereits gelistete Technologie zusätzlich auf das Risiko kontrolliert werden, ob der Käufer mit ihr Menschenrechte verletzen könnte. Zum anderen würde die Liste der zu kontrollierenden Güter ergänzt.

Die Ergänzung würde nach Angaben aus dem Parlament wiederum auf zweierlei Art erfolgen. Einerseits würde die Liste von Vornherein um einige Güter erweitert. Vor allem aber würde eine „Catch-all“-Klausel eingeführt, die für eine künftige Erweiterung sorgen sollte.

Denn die Klausel griffe, wenn Überwachungs-Technologie in ein Land geliefert werden soll, für das schwere Menschenrechtverletzungen ausgemacht wurden und wo die Annahme besteht, dass auch die Lieferung für solche Verbrechen genutzt werden kann. An einen solchen Verdacht könnte sich die generelle Listung anschließen.

Befinden über das Risiko  sollen die Behörden, aber auch den Unternehmen selbst wird unter dem Stichwort Sorgfaltspflicht („due diligence“) eine Mitverantwortung gegeben. Buchner und andere Befürworter der Regelung argumentieren, dass man nur so mit der technischen Entwicklung Schritt halten könne.

Verlust der Wettbewerbsfähigkeit befürchtet

Bedenken hegt dagegen die Wirtschaft. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bekennt sich zwar in einem Positionspapier vom März ausdrücklich zu einem besseren Schutz der Menschenrechte. "Catch-All"-Regeln seien aber für diesen Zweck ungeeignet.

Daneben gefährdeten sie die Position europäischer Firmen im internationalen Wettbewerb, "weil sie zu Unsicherheiten im Ausfuhrverfahren führen, Mitarbeiter aus Sorge vor haftungsrechtlichen Konsequenzen sogenannte Absicherungsanträge bei den Genehmigungsbehörden stellen und sich hierdurch Lieferzeiten teilweise unnötig verlängern".

Die Gesetzesreform, die auch eine Erweiterung um Überarbeitung der Kontrollen klassischer Dual-Use-Güter umfasst, wird derzeit im EU-Ministerrat debattiert. Hier wird eine Einigung bis Mitte des Jahres erwartet. Dann beginnen die Verhandlungen zwischen Rat und Parlament, an deren Ende die gemeinsame Reform stehen soll.

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