Kinder in Konflikten stärken

Entwicklungshilfe
Deutschland will mehr für den Schutz und die Betreuung von Kindern in Konfliktsituationen tun. Mädchen sollen gezielt gefördert werden.

Derzeit lebt etwa jedes sechste Kind in unmittelbarer Nähe zu einem bewaffneten Konflikt und ist von den Folgen betroffen, schätzt die Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Bärbel Kofler. Die zivilgesellschaftliche Koalition GCPEA hat in ihrem Bericht „Education Under Attack“ von 2013 bis 2017 mehr als 12.000 Angriffe auf Bildungseinrichtungen dokumentiert –­ vor allem im Kongo, den palästinensischen Gebieten, Nigeria und Jemen, gefolgt von Afghanistan, Südsudan, Syrien und der Ukraine.

Vor allem über das Kinderhilfswerk Unicef will die Bundesregierung künftig mehrjährige Programme stärker fördern und langfristige Zusagen erhöhen. Ein besonderer Fokus soll auf der Betreuung von traumatisierten Kindern liegen. Als drittgrößter Geber nach den USA und Großbritannien will Deutschland so eine Art Grundfinanzierung sichern.

Katastrophale Folgen für das Lernvermögen

Von Projekten der BMZ-Sonderinitiative Fluchtursachen und Krisenbewältigung befassen sich bereits 40 mit psychosozialer Unterstützung, heißt es im Ministerium. Neben Unicef werden zivilgesellschaftliche Organisationen und Initiativen wie terre des hommes, Medica Mondiale oder der Zivile Friedensdienst und deren jeweilige lokale Partnerorganisationen mit Vorhaben betraut.

Die Bundesregierung will laut der Organisation World Vision zudem mehr Geld für Mädchen bereitstellen, die in Krisensituationen häufig als erste der Schule fernbleiben müssen. Demnach beteiligt Berlin sich mit 75 Millionen Euro an einem Dreijahrespaket in Höhe von 2,5 Mrd. Dollar, das beim jüngsten G7-Gipfel in Kanada für Mädchenbildung geschnürt wurde.

Unicef will in diesem Jahr in gemeindenahen Projekten 3,9 Millionen Kinder erreichen, kündigte das Hilfswerk im Juli bei der BMZ-Konferenz „Rebuilding Lives“ in Berlin an. „Anhaltende Konfrontation mit Gewalt, Angst und Unsicherheit kann katastrophale Auswirkungen auf das Lernvermögen, das Verhalten sowie die emotionale und soziale Entwicklung von Kindern haben“, mahnte Exekutivdirektorin Henrietta Fore. Seit 2016 hat das BMZ für mehrjährige Vorhaben, die die psychosoziale Betreuung von Kindern enthalten, 230 Millionen Euro bereitgestellt; allein in diesem Jahr 2018 sind es weitere 410 Millionen Euro. Eine ähnliche Größenordnung wird 2019 angestrebt.

NGOs wünschen sich mehr Klarheit

Minister Gerd Müller sieht Kinder und ihre Zukunftschancen als „eine Hauptzielgruppe“ in Krisen- und Fluchtsituationen. Hilfsorganisationen wünschen sich von ihm aber mehr Klarheit und Kontinuität. So plädiert Ekkehard Forberg von World Vision für eine eigene Budgetlinie. Auch terre des hommes bemängelt, dass oft nicht klar ist, inwieweit Kinder und Jugendliche von Vorhaben in Konfliktsituationen – sei es zur Demobilisierung, Traumabewältigung oder Reintegration – tatsächlich profitieren. Ausgaben für die Zielgruppe sollten transparenter werden. 

Aus Sicht des BMZ ist das in der Praxis nur schwer machbar, da Hilfe für Kinder in vielen Projekten etwa zu Gesundheit und Bildung als „Querschnittsthema“ verankert ist. So schult Unicef Lehrer darin, traumatisierte Kinder aufzufangen und ihnen „gesicherte Räume“ zu geben, oder versucht in Aufklärungskampagnen, Eltern zu sensibilisieren. 

Schulen sollen sicherer werden

Deutschland hatte 2011 im UN-Sicherheitsrat vor allem auf die Resolution zum Schutz von Schulen und Krankenhäusern hingewirkt. Danach werden Kriegsparteien, die solche Ziele angreifen, auf eine Schwarze Liste gesetzt und unter Umständen mit Sanktionen wie einem Waffenembargo belegt. Saudi-Arabien und die von dem Königreich geführte Militärkoalition im Jemen drohten wegen Verbrechen gegen Kinder kurzzeitig auf die Liste zu kommen.

Mit einiger Verspätung hat die Bundesregierung nun auch als 75. Staat die Safe Schools Declaration unterzeichnet. Die selbstverpflichtende Erklärung war 2015 auf einer internationalen Konferenz in Oslo verabschiedet worden. Darin werden Konfliktparteien aufgefordert, Schulgebäude und Universitäten in keiner Weise militärisch als Basis, Unterkunft oder Waffendepot zu missbrauchen. Es wird ein Schutzanspruch formuliert, der etwa auch in die Bundeswehrausbildung und in die Vorschriften für Einsätze wie in Mali eingeht.

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