Eigennutz ist wieder in

Entwicklungshilfe
Entwicklungsdiplomatie ist für das britische Overseas Development Institute der neue Trend. Ein Bericht zeigt am Beispiel Indien die Hintergründe auf.

Das Leitbild der Entwicklungshilfe war in den 2000er Jahren die Armutsbekämpfung. Im Zeichen der Millenniums-Entwicklungsziele wurde Erfolg daran gemessen, was Entwicklungsvorhaben zur Verringerung des Hungers oder zur Verbesserung von Bildung und Gesundheit in armen Ländern beitrugen. Jetzt aber, sagt eine neue Studie aus dem ODI, hat in der bilateralen Hilfe eine neue Phase begonnen: die der Entwicklungsdiplomatie. Geberstaaten richteten ihre Hilfe so neu aus, dass sie auch eigenen Interessen dient und den eigenen Einfluss in der Welt mehrt.

Dies ist laut ODI zum Teil eine Reaktion auf globale Veränderungen wie die, dass arme Staaten zu Ländern mit mittlerem Einkommen aufgestiegen sind und sich ihre Verhandlungsposition auch dank neuer Kapitalgeber im Süden verbessert hat. Viele wollen keine Hilfen für Sozialprogramme mehr, sondern Unterstützung für das Wirtschaftswachstum – etwa Investitionen in die Infrastruktur. Zugleich wächst ihr Markt, Geschäfte dort werden für den Norden attraktiver.

Der Empfänger bestimmt die Ausrichtung

Die Studie untersucht das genauer anhand der Entwicklungszusammenarbeit dreier Geber für Indien: Japan, Frankreich und Großbritannien. Dabei wird klar, dass Indien zunehmend die Ausrichtung der Zusammenarbeit bestimmt. Und die drei Geber haben in der vergangenen Dekade ihre Entwicklungszusammenarbeit reformiert und sie nicht nur Indien gegenüber stärker mit außenpolitischen oder außenwirtschaftlichen Eigeninteressen verknüpft.

So teilt Japan mit Indien das Interesse, Chinas Einfluss einzudämmen. Das führt unter anderem zu gemeinsamen Infrastrukturprojekten in anderen Ländern Asiens als Konkurrenz zu den entsprechenden Programmen Chinas. Großbritannien hat in der Entwicklungspolitik Armutsbekämpfungsprogramme über nichtstaatliche Organisationen zurückgefahren und das Budget gekürzt; in Indien setzt es nun auf Zusammenarbeit mit der Regierung und private Investitionen. Frankreich will mit Entwicklungshilfe heute unter anderem globale Güter fördern, die armen wie reichen Ländern zugutekommen – besonders aber in Sektoren, in denen französische Firmen stark sind.

Der neue Trend birgt laut ODI Chancen auf echte beidseitige Gewinne und auf politische Nord-Süd-Allianzen. Es gebe aber eine Reihe Risiken – darunter noch mehr Wettbewerb zwischen den Gebern, weniger Hilfe für arme Teile Indiens und eine Abkehr von Basisorganisationen zugunsten der Regierung und von Unternehmen. Was zwei Staaten gemeinsam diplomatisch nutzt, ist nicht unbedingt auch im Sinne von Entwicklung, warnt das ODI.

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