Wie der Innenminister Migranten abschrecken will

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Landespolizeidirektor von Burgenland, Martin Huber, sowie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei einer Schwerpunktaktion zur Bekämpfung der Schlepperei beim Grenzübergang Österreich-Ungarn.
Österreich
Mit „Antimarketing“ will Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gegen illegale Migration vorgehen. So will er der Darstellung krimineller Schlepper begegnen, die potenziellen Klienten ein Bild von Milch und Honig in Europa malen.

Knackige Slogans wie „Du kannst nicht bleiben“ oder „Du wirst scheitern“ werden in der Kampagne des Innenministeriums mit Fotos martialischer Grenzpolizisten mit Kampfhunden illustriert. Österreich, so die Botschaft des Innenministers auf einer Pressekonferenz Ende August, werde kein Asyl gewähren; die Investition in die Dienste eines Schleppers würde mit der Abschiebung ins Heimatland enden. Ziel dieser mit 260.000 Euro budgetierten Kampagne sind nicht Länder wie Syrien und Afghanistan, wo Repression und Krieg Millionen Menschen in die Flucht getrieben haben, sondern die – so Karner – „Urlaubsländer“ Indien, Marokko und Tunesien. Die abschreckenden Botschaften sollen dort ab Januar 2023 in den sozialen Medien (Instagram, Facebook und Google) lanciert werden, über die Flüchtlinge und Migranten häufig Kontakte zu Schleppern suchen.

Migranten aus Indien kommen über Serbien nach Österreich

Karner vermarktete seine Kampagne als humanitäre Aktion. Man müsse den Menschen klarmachen, dass sie ihr Leben riskieren. Schlepper reagierten „äußerst professionell und sehr rasch“ auf internationale Ereignisse wie den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, so Karner. Sie hätten ihr Marketing umgestellt und würden damit werben, dass Europa offen sei und Menschen aufnehme. Deswegen bedürfe es des „Antimarketings“.

Anlass für die Kampagne sind stark steigende Zahlen von Asylanträgen in Österreich. Im ersten Halbjahr 2022 haben sie sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von knapp 10.900 auf mehr als 31.000 fast verdreifacht. Im Juli wurden weitere rund 11.000 Anträge registriert, gut 2100 davon von indischen Staatsbürgern. Die Asylstatistik in den ersten sieben Monaten dieses Jahres wird noch immer von Flüchtlingen aus Afghanistan (9407 Anträge) vor Syrien (8157) angeführt. Doch gleich dahinter folgen Tunesien (5575), Pakistan (4594) und Indien (4136 ). Ende Juli stoppte die Wiener Polizei einen Kastenwagen mit 22 Indern im Laderaum. Indische Staatsbürger können seit 2017 visafrei nach Serbien einreisen. Die serbische Regierung will damit Handel und Tourismus mit und aus dem südasiatischen Land ankurbeln. Die meisten Inder kommen mit dem Flugzeug und machen sich dann auf den Weg Richtung Großbritannien oder westeuropäische Staaten, wo sie Arbeit suchen.

Karner weist Verteilung nach Quoten zurück

In Österreich werden sie dank der strengen Grenzüberwachung aufgegriffen, so dass sie Asyl beantragen. Andernfalls würden sie umgehend zurückgeschickt. Anregungen, eine geregelte Arbeitsmigration zu erlauben oder Flüchtlinge innerhalb der EU nach Quoten zu verteilen, weist Karner regelmäßig unwirsch zurück. Seit einem Jahr patrouillieren zusätzliche 400 Soldaten im Assistenzeinsatz an der ungarischen Grenze. Das Problem sei daher hausgemacht, meinen Kritiker der Abschottungspolitik: Könnten die Leute ungehindert durch Österreich reisen, würden sie hier die Asylbehörden nicht beschäftigen oder die staatliche Grundversorgung belasten.

Schon vor sechs Jahren hatte die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eine „Informationskampagne“ für Afghanistan gestartet. Auch da ging es darum, Inserate in lokalen Medien zu schalten. Messbare Erfolge gab es keine, was den Innenminister wenig kümmert. Auf eine entsprechende Frage in einem Interview antwortete er kryptisch: „Die Empirie, die Wissenschaft ist das eine, die Fakten sind das andere.“ Den Verdacht, die konservative ÖVP ziehe die Migrationskarte, um von Korruptionsskandalen und verheerenden Umfragewerten abzulenken, wies Karner im ORF zurück.

Karner glaubt fest an seine Mission. Leute, die in Indien, Tunesien oder Marokko auf Google nach Billigflügen nach Belgrad suchen, werden dort ab kommendem Jahr auf die markigen Sprüche des österreichischen Innenministeriums stoßen. Parallel dazu will Wien mit Serbien bilateral über die Visafreiheit verhandeln.

Die Einwände von Fachleuten und NGOs, dass Menschen aus dem globalen Süden vor allem deswegen um Asyl suchen, weil es keine praktikablen Wege für legale Migration nach Europa gebe, lässt Innenminister Karner nicht gelten. Bei einem Besuch in Dänemark zeigte er sich kürzlich sehr angetan von den Plänen, Asylverfahren in Drittländer wie Ruanda zu verlagern. Das ist allerdings in Österreich rechtlich nicht zulässig. Noch nicht, wenn es nach Karner geht: „Wie schaffen wir es, Verfahren in sicheren Drittstaaten durchzuführen, damit sich Menschen, die ohnehin wieder zurückkehren müssen, nicht unnötig auf den Weg machen?“, sagte er Ende August in einem Zeitungsinterview.

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