Das System stößt an seine Grenzen

Humanitäre Hilfe
Eine neue Bestandsaufnahme der humanitären Hilfe zeigt: Staatliche Geber haben 2022 mehr dafür gezahlt. Gleichzeitig ist aber der Bedarf noch schneller gestiegen und damit der Geldmangel.

Jedes Jahr publiziert die aus Großbritannien stammende Organisation Development Initiatives (DevInit) einen Bericht über Finanzflüsse für humanitäre Hilfe und wichtige Veränderungen und Probleme der weltweiten Nothilfe. Der neue Bericht stellt fest, dass die Zahl der Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen, im Jahr 2022 um ein Drittel gestiegen ist. Daher haben sowohl Regierungen, die über 80 Prozent der Hilfe finanzieren, als auch private Geber mehr Geld zur Verfügung gestellt: Die Summe ist um über ein Viertel auf fast 47 Milliarden US-Dollar gestiegen. Dennoch ist die Lücke zwischen Zusagen und Bedarf weiter gewachsen auf den Rekord von über 22 Milliarden Dollar.

Hauptgründe des hohen Hilfebedarfs sind der Krieg in der Ukraine, die Lage in Afghanistan und die Ernährungskrise am Horn von Afrika. Der Bericht bestätigt Befunde seit den 1990er Jahren, dass lang andauernde Krisen in wenigen Ländern die größte Not verursachen: Von den Menschen, die in den vergangene fünf Jahren Nothilfe brauchten, lebt über die Hälfte in nur zehn Ländern (darunter Äthiopien, die DR Kongo, Afghanistan, Pakistan und der Jemen) und sind mehr als vier Fünftel seit mindestens fünf Jahren hilfebedürftig. Zudem haben die meisten Notlagen inzwischen mehrere Ursachen; Folgen von Krieg, Klimaänderung sowie Armut und Ausgrenzung verstärken sich gegenseitig.

Alte Probleme spitzen sich zu

Sowohl die Finanzierung als auch die Abwicklung der Nothilfe sind laut dem Bericht dringend reformbedürftig. Diese Probleme sind bekannt und spitzen sich nun offenbar zu. So stammen dem Bericht zufolge zwei Drittel der staatlichen Mittel für humanitäre Hilfe von nur drei Gebern: den USA, der Europäischen Union und Deutschland. Die meisten – mit den rühmlichen Ausnahmen Japans und, weniger stark, Deutschlands – geben ganz überwiegend zweck- und ländergebundene Zuschüsse. Dem Ziel, mehr direkt über lokale Organisationen zu helfen, ist man kaum nähergekommen. Und 17 Prozent der öffentlichen Entwicklungshilfe von OECD-Ländern werden laut DevInit inzwischen für Nothilfe verwendet.

Weil Notlagen zunehmend komplex sind und lang dauern, tritt DevInit dafür ein, erstens Nothilfe besser mit längerfristiger Entwicklungshilfe zu verzahnen – eine bekannte und ungelöste Aufgabe. Und es schlägt vor, internationale Fonds für Klima-Anpassung auch für Nothilfe verfügbar zu machen und so die Finanzbasis zu verbreitern.

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