Eine neue Heimat für die deutsche Entwicklungshilfe

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit soll zum „Exportschlager“ werden, sagt Entwicklungsminister Dirk Niebel. Erreichen will er das mit der Verschmelzung der drei staatlichen Durchführungsorganisationen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), InWent und Deutscher Entwicklungsdienst (DED). Ein Entwurf zur Strukturreform liegt nun vor.

„Deutschland boxt unterhalb seiner Gewichtsklasse“, zitierte Minister Niebel bei der Vorstellung seiner Pläne die Kritik des OECD-Entwicklungausschusses (DAC) an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Die spielte zwar auch darauf an, dass Deutschland bei den staatlichen Entwicklungsleistungen (ODA) nur im hinteren Mittelfeld rangiert. Tatsächlich aber beklagt der DAC seit vielen Jahren auch die Zersplitterung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.

Mit dem Entwurf für die Fusion von GTZ, InWent und DED, der Anfang Juli im Kabinett beraten wird, soll diese „Hausaufgabe“ erledigt werden. Das Ziel: mehr Wirksamkeit und ein einheitlicherer Auftritt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in den Partnerländern. Doppelstrukturen sollen abgebaut und so eine „Fusionsrendite“ erzielt werden. Ein Name für die neue Großorganisationen mit dann 16.000 Mitarbeitern ist schon gefunden: „Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“, mit Dienstsitzen in Bonn und dem heutigen GTZ-Standort Eschborn.

Bestimmte Vorhaben sollen künftig ausgeschrieben werden

Zugleich soll die politische Steuerungsfähigkeit des Entwicklungsministeriums (BMZ) gestärkt werden. Zum einen indem GTZ-Personal, das bis jetzt im Ministerium mitarbeitet (die so genannte „Graue Armee“), durch eigenes Personal ersetzt wird. Zum anderen dadurch, dass die neue Gesellschaft künftig so wie heute bereits die GTZ Mittel für vereinbarte Projekte (Direktvergabe) und nicht wie bisher InWent und der DED pauschale Zuschüsse erhalten soll. Zusätzlich will das BMZ einen „Wettbewerb um Ideen“ in Gang setzen und projektübergreifende Vorhaben, die ganze Politikbereiche betreffen (Sektorvorhaben), künftig ausschreiben. Die Evaluierung von Projekten wird das BMZ in Zukunft selbst in Auftrag geben und nicht mehr wie bisher den Durchführungsorganisationen überlassen.

Zugleich wird es der GTZ erlaubt bleiben, weiter Aufträge von anderen öffentlichen Institutionen und von Unternehmen einzuwerben (Drittgeschäft), sei es im Rahmen einer Tochtergesellschaft, sei es im Rahmen der neuen Entwicklungsagentur selbst; das müsse aus „vergaberechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten“ noch geprüft werden, heißt es in dem Entwurf. Auch die Kofinanzierung deutscher Projekte durch andere Geberländer sei, so Niebel, ausdrücklich erwünscht.

Befürchtungen von nichtstaatlichen Organisationen, im Rahmen der neuen Gesellschaft könnten die Freiwilligendienste, darunter das Entsendeprogramm „weltwärts“, eine geringere Rolle spielen als bisher, bestätigt das Papier nicht: Sowohl der Personalentsendung (bis jetzt DED) als auch der Bildungsarbeit (InWent) komme künftig vielmehr „besondere Bedeutung“ zu, heißt es darin. Das Entwicklungshelfergesetz soll vorerst weiter gelten, später aber an die Rechtsform der neuen Organisation „angepasst“ werden.

Entwicklungszusammenarbeit sichtbar machen als „made in Germany beziehungsweise made by Germany“, beschreibt Niebel das Umbauprogramm – und spielt damit auch darauf an, dass künftig die deutsche Wirtschaft stärker als bisher eingebunden werden soll. Unter anderem sollen „Entwicklungs-Scouts“ in Wirtschaftsverbänden um Projektbeteiligungen werben. Denn, so Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz: Jeder Euro Entwicklungshilfe erhöht die deutschen Exporte um 1,80 Euro. „Und das wollen wir steigern.“

 

erschienen in Ausgabe 7 / 2010: Andenländer, alte Kulturen neue Politik
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