König Mswati III. von Swasiland reiste im Juni 2025 zu einem Staatsbesuch nach Ghana – mit einer Entourage von über hundert Personen, darunter zehn seiner Kinder. Während sie dort Steuergelder verprassten, sind das öffentliche Bildungs- und Gesundheitswesen in Swasiland pleite.
In der letzten absoluten Monarchie auf dem Kontinent ist schon der Landesname ein Politikum: 2018 beschloss König Mswati III. anlässlich seines 50. Geburtstags und des 50. Jahrestags der Unabhängigkeit, den alten, englischen Namen „Swaziland“ in „eSwatini“ zu ändern, die Übersetzung in die Landessprache Siswati. Der Menschenrechtsanwalt Thulani Maseko leitete ein Gerichtsverfahren dagegen ein, weil die Regierung weder die Öffentlichkeit konsultiert noch das Parlament in die Entscheidung einbezogen hatte. Am 21. Januar 2023 wurde Maseko unter bislang ungeklärten Umständen erschossen. Um sein Andenken zu ehren und als Statement gegen die absolute Herrschaft des Königs verwenden viele Organisationen den alten Landesnamen.
Die Königsfamilie lebt im Luxus
Der König steht über dem Gesetz und beutet die Wirtschaft und die Ressourcen des kleinen, von Südafrika umschlossenen Landes für seine privaten Zwecke aus. Der Luxus, in dem er und seine Familie leben, steht in diametralem Gegensatz zur Armut der Bevölkerungsmehrheit. Die wenigen vorhandenen Arbeitsplätze und vor allem die lukrativen Regierungsämter gehen an Mitglieder der Königsfamilie, unabhängig von deren Qualifikationen. Prominenteste Beispiele sind der Justizminister Prinz Simelane und die Innenministerin Prinzessin Lindiwe, Halbgeschwister des Königs, die er 2018 ins Parlament und die Ministerien berufen hat. Die meisten Menschen haben kaum das Nötigste zum Überleben, und sowohl das Bildungswesen als auch die medizinische Versorgung sind kaum noch arbeitsfähig. Es fehlt das Geld für Schulspeisungen, staatliche Stipendien für begabte Studierende werden nicht ausbezahlt und in den Krankenhäusern fehlen die einfachsten Medikamente.
Vor diesem Hintergrund brachen seit 2021 im ganzen Land Proteste aus. Als die erste Generation politischer Aktivisten mit Protesten, Petitionen und internationalen Delegationsreisen keinen Erfolg hatte, gingen Mitglieder der Jugendorganisation SWAYOCO im Mai 2021 auf die Straßen und brachten den friedlichen Protest auch in die ländlichen Regionen. Dort verfügt der König über ein Netz von traditionellen Würdenträgern – Chiefs und Headmen – und die Monarchie wird noch am wenigsten angezweifelt.
Doch das wirtschaftliche Gebaren des Königs weckt auch dort Unmut, weil immer mehr Menschen ihrer Lebensgrundlage beraubt werden. Der investigative Journalist Zweli Dlamini berichtete Anfang 2021, dass landesweite Landenteignungen und Vertreibungen für Spannungen sorgten. Dabei wird kommunales Land aus dem traditionellen System, bei dem die Chiefs der lokalen Bevölkerung über die Verteilung entscheiden, in die private Holding des Königs übertragen. Mswati III. hat die 2018 gegründet, um Agrarland in großem Umfang kommerziell zu verwalten und zu verpachten. Damit verliert die ansässige Bevölkerung nicht nur ihre Wohn-, sondern auch ihre Lebensgrundlage, ohne dass eine Alternative angeboten würde.
Als dann ein Student bei einer Demo für mehr Demokratie und Menschenrechte von der Polizei erschossen wurde, gingen am 29. Juni 2021 zehntausende junge Menschen auf die Straße. Das führt zum größten Aufstand in der Geschichte Swasilands seit der Unabhängigkeit.
Das Regime hatte schon vorher Opposition als Terrorismus bekämpft, jedoch eher gezielt gegen einzelne Personen. Nun änderte es seine Strategie im Umgang mit Forderungen nach Mitbestimmung oder gar Abschaffung der Monarchie. Infolge massiver Polizeigewalt starben im Juni 2021 fast 300 Demonstranten und Demonstrantinnen, Hunderte wurden verletzt und viele weitere verhaftet. In der Folge wurden wichtige Führungspersönlichkeiten der Demokratiebewegung angegriffen, schikaniert und gezwungen, sich zu verstecken oder das Land zu verlassen.
Das Regime schreckt nicht vor Morden zurück wie wahrscheinlich im Fall Thulani Maseko. Wenige Stunden, bevor er erschossen wurde, hatte König Mswati diejenigen, die demokratische Reformen forderten, gewarnt, dass sich Söldner um sie kümmern würden. Offiziell hat die Regierung den Vorwurf der Verwicklung in den Mord zurückgewiesen, gleichzeitig aber ihre Repressionen in Form von Polizeischikanen und willkürlichen Verhaftungen auf die Familie Maseko ausgeweitet. Im Fokus steht inzwischen die Witwe, Tanele Maseko, besonders nachdem sie 2023 in London den Magnitsky-Menschenrechtspreis erhalten und in ihrer Dankesrede König Mswati für den Mord an Maseko verantwortlich gemacht hat. Im März 2024 etwa wurden sie und weitere Familienangehörige an der Einreise aus Südafrika gehindert, ihre Pässe eingezogen und sie inhaftiert.
Auch im Exil sind Dissidenten nicht sicher
Dem Regime werden auch Anschläge auf Oppositionelle im Exil vorgeworfen. Mlungisi Makhanya, Präsident der politischen Partei PUDEMO, überlebte am 24. September 2024 nur knapp einen Giftanschlag. Bereits im September 2022 war auf sein Haus ein Bombenanschlag verübt worden. Zum Glück waren er und seine Familie nicht zu Hause, und es wurde niemand verletzt. Seither lebt er im südafrikanischen Exil.
Zwei ehemalige Parlamentarier, Mduduzi Bacede Mabuza und Mthandeni Dube, die im Zuge der prodemokratischen Proteste im Juni 2021 verhaftet worden waren, wurden im Juli 2024 zu 25 beziehungsweise 18 Jahren Haft wegen Mordes, Terrorismus und Anstiftung zum Aufruhr verurteilt. Als Abgeordnete hatten sie sich für die Demokratisierung eingesetzt und etwa gefordert, dass der Premierminister vom Volk gewählt und nicht vom König bestimmt werden sollte. Dies wird von der Regierung und dem König als Volksverhetzung und Majestätsbeleidigung eingestuft.
Aufgrund der Repression in Swasiland sind viele der Aktivisten und Aktivistinnen von 2021 und auch Gewerkschafter entweder im Gefängnis oder im Exil. Die meisten haben es über die grüne Grenze nach Südafrika geschafft. Doch das Leben dort ist für sie extrem schwierig. Die Regierung Swasilands hat sich im Gegensatz zu Lesotho bisher geweigert, mit Südafrika ein Abkommen zu verhandeln, damit Menschen aus Swasiland auch ohne Aufenthaltstitel im Nachbarland formal arbeiten können. Gleichzeitig verweigert Südafrika häufig Asylanträge aus Swasiland mit der Begründung, es wäre ein sicheres Herkunftsland.
In Südafrika in die Illegalität gezwungen
So werden die jungen Menschen aus Swasiland, die in Südafrika zu überleben versuchen, in die Illegalität gezwungen mit der täglichen Gefahr, aufgegriffen und abgeschoben zu werden. Obwohl sie von prekären Jobs leben, versuchen sie, ihre Mitstreiter in Swasiland zu unterstützen, besonders die ohne Gerichtsurteil Inhaftierten. Jede politische oder menschenrechtliche Organisation Swasilands hat inzwischen eine Dependance in Südafrika. Sie kratzen Geld zusammen, um etwa Medikamente zu kaufen und ins Land und vor allem ins Gefängnis zu schmuggeln. Sie unterstützen die Familien der Inhaftierten mit ein bisschen Geld. Keine Hilfsorganisation unterstützt sie dabei. Die Angst vor Repression ist groß. Aktivisten berichten, dass immer wieder Spitzel in den Solidaritätsgruppen sowohl in Südafrika als auch in Swasiland enttarnt werden.
Die Familien der Inhaftierten in Swasiland sind komplett auf sich gestellt. Sie verstehen nicht, warum ihre Söhne im Gefängnis sitzen und was sie verbrochen haben sollen. Der Verlust eines potenziellen Versorgers, die Scham, das ausgestoßen sein aus der eigenen Gemeinschaft, weil ein „Verräter“ aus der Familie im Gefängnis sitzt – das treibt den Frauen bei einem von SWAYOCO organisierten Treffen mit der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika in Mbabane im März 2025 die Tränen in die Augen. Oft fehlt es an Solidarität in der eigenen Familie.
Wie eine bessere Zukunft aussehen kann, wird sowohl in der Diaspora als auch unter Aktivistinnen in Swasiland sehr unterschiedlich diskutiert. Für die einen würde es schon reichen, wenn endlich das Dekret von 1973 aufgehoben würde, das politische Parteien verbietet. Wenn dies erreicht sei, so etwa ein Mitglied des Verbands der Opfer und Überlebenden des Massakers, müssten die Menschen in Swasiland gemeinsam über ihre politische Zukunft diskutieren. Ob sie für ein Mehrparteiensystem stimmen oder eine Alternative erwägen, wäre ihre Entscheidung.
Druck aus dem Ausland könnte helfen
Unter jungen Leuten im südlichen Afrika ist das Vertrauen in die klassische Parteiendemokratie nicht mehr so stark wie bei ihrer Elterngeneration. Zu viele Enttäuschungen hat die einfache Übernahme des westlichen Parteiensystems in den meisten Ländern gebracht. Doch von einem Dialog sind sowohl die Menschen im Exil als auch die in Swasiland weit entfernt. Solange der jetzige König nicht gezwungen ist, seine Unterdrückungs- und Gelddruckmaschine anzuhalten, wird sich nichts ändern.
Helfen könnte Druck aus dem Ausland. Doch ein Land wie Swasiland mit nur gut 1,2 Millionen Einwohnern und wenig strategischen Rohstoffen scheint angesichts der Kriege in der Ukraine und in Nahost und von anderen Krisenherden politisch vernachlässigbar. Proteste der Menschen im Exil, etwa aus Anlass des Jahrestages des Massakers vom 29. Juni, verhallen in den Metropolen der Welt weitgehend ungehört.
Auch in der Region finden demokratische Bewegungen und Forderungen kaum Gehör. Swasiland stand offiziell auf der Tagesordnung des 44. Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der Wirtschaftsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) in Harare im August 2024, wurde aber auf Wunsch von König Mswati daraus gestrichen. Daraufhin erklärte das Swaziland Solidarity Network (SSN), die Untätigkeit der SADC sei ein direkter Verrat an ihren Werten und ihrem erklärten Auftrag, Demokratie, gute Regierungsführung und die Achtung der Menschenrechte als Grundprinzipien der regionalen Integration zu fördern. Die im südafrikanischen Exil beheimatete NGO verlangt seit Jahren, dass die SADC Swasiland suspendiert und andere globale Institutionen auffordert, gezielte Sanktionen gegen das Regime zu verhängen. Bisher ohne Erfolg.
Südafrika könnte seine Stellung als Hegemonialmacht der Region nutzen und Swasiland etwa den Geldhahn zudrehen. Seit Jahrzehnten profitiert das Königreich von dem finanziellen Zuschuss, der aus der Zollunion des südlichen Afrikas (SACU) entsteht und über 40 Prozent des Staatshaushalts von Swasiland ausmacht: Der Zoll wird an den Außengrenzen – in dem Fall in Südafrika – erhoben und nach einem Verteilungsschlüssel unter den beteiligten Ländern aufgeteilt, der unter anderem die Höhe des Inlandsverbrauchs berücksichtigt. Außerdem fließt ein Teil als Entwicklungsausgleich, von dem kleinere, wirtschaftlich schwächere Länder überproportional profitieren.
Mehr Solidarität und mehr Aufmerksamkeit für Menschenrechtsverstöße in Swasiland sind nötig. Auch der Druck aus Europa muss sich verstärken – die EU ist nach wie vor der größte Abnehmer für Zucker aus Swasiland. Die SADC und vor allem Südafrika müssen ihre Möglichkeiten nutzen, Einfluss zu nehmen. Darüber hinaus gilt es, Menschenrechtsverteidiger sichtbar zu machen und über sie berichten, bevor sie ermordet werden.
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