Von Afrika lernen

Eine chinesische Regierungsdelegation hat kürzlich Kenia und Uganda bereist und sich über die Beziehungen zwischen Staat und Kirche dort informiert. Hintergrund sind Überlegungen Pekings, das eigene Verhältnis zu den Religionsgruppen neu zu gestalten.
Angeführt wurde die Delegation von Wang Zuo’an, dem Leiter des Staatlichen Amts für religiöse Angelegenheiten (SARA). „Sie wollten sehen, inwiefern sie Kontakt und Vertrauen zu den Kirchen im eigenen Land aufbauen können“, sagte George Bagamuhunda von der Anglikanischen Kirche in Uganda dem Ökumenischen Nachrichtendienst ENI. Bagamuhunda hofft, dass der Afrika-Besuch dazu beitrage, dass Christen in China ihren Glauben künftig freier ausüben können.
 

Autorin

Katja Dorothea Buck

ist Religionswissen- schaftlerin und Journalistin in Tübingen.

Traditionell hat die politische Führung in China ein distanziertes Verhältnis zur Religion. Die historische Erfahrung, dass Religionen zu Umstürzen führen können, begründet seit Jahrhunderten den staatlichen Anspruch, die Gläubigen zu kontrollieren. Während der Kulturrevolution von 1966 bis 1976 war Religion ganz verboten. Seit Ende der 1970er Jahre sind der katholische und der protestantische Glauben in China neben dem Islam, dem Buddhismus und dem Taoismus wieder offiziell anerkannt. Alle fünf Religionsgruppen werden vom Staat kontrolliert.

Die Zahl der Christen in China wächst stark

Nach offiziellen Angaben sind 23 Millionen der insgesamt 1,3 Milliarden Chinesen Protestanten und sechs Millionen Katholiken. Bei diesen Zahlen handelt es sich allerdings nur um die registrierten Christen. Daneben gibt es aber schätzungsweise noch einmal so viele nicht registrierte Christen, deren Zahl schnell wächst. Während der Kommunismus in China an Bedeutung verliert, gelingt es den Kirchen offenbar sehr gut, das entstehende Wertevakuum zu füllen. Nirgendwo in der Welt wächst die Zahl der Christen derzeit so stark wie in China. „Die Führung in Peking merkt, dass das bisherige System der Religionsverwaltung nicht mehr der gesellschaftlichen Realität entspricht“, sagt Katrin Fiedler von der China-Infostelle in Hamburg. Die chinesische Verfassung garantiere zwar Religionsfreiheit. Doch in Peking werde derzeit um die Frage gerungen, wie das Verhältnis von Staat und Religion neu gestaltet werden soll. „Hinter den Kulissen gibt es vermutlich Machtkämpfe zwischen liberalen Vertretern, die den Religionsbereich eher unabhängig sehen, und solchen, die die Religionsausübung noch stärker kontrollieren wollen.“

Seit einiger Zeit informieren sich nun Vertreter der chinesischen Religionsbehörden in verschiedenen Ländern, wie diese ihr Verhältnis zu den Kirchen gestalten. Auch in Deutschland und der Schweiz waren sie bereits zu Besuch. Ob die Erfahrungen Ugandas und Kenias China helfen, ist allerdings fraglich. Während beispielsweise die religiöse Landschaft in Afrika von vielen verschiedenen Denominationen geprägt ist, geht man in China seit Jahrzehnten von nur zwei Kirchen aus: der katholischen und der protestantischen. Den verschiedenen Strömungen im Protestantismus wird in keiner Weise Rechnung getragen.

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erschienen in Ausgabe 7 / 2011: Entwicklungsdienst: Wer hilft wem?
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