Ein Handbuch für die tägliche Arbeit

Auch wenn Religion nach wie vor trefflich als Brandbeschleuniger in Konflikten funktioniert: Gewalt und Terror sind in keinem Glauben als Grundprinzipien angelegt. Es gilt das friedensfördernde Potenzial zu heben.  

Markus Weingardt gehört zu den wenigen Politologen, die über das friedensfördernde Potenzial von Religionen arbeiten. Religiöse Friedensarbeit ist allerdings häufig unspektakulär, mühsam und langwierig, ihr Erfolg nicht einfach messbar. Tote lassen sich leichter zählen, materielle Schäden leichter beziffern. Deshalb wird das Thema öffentlich deutlich weniger wahrgenommen als der Bereich Religion und Konflikt.  Friedenspotenziale in den Religionen würden bei zahlreichen Konflikten nicht genutzt und damit „große Chancen zur Überwindung von Gewalt aus Unkenntnis oder Gleichgültigkeit verschenkt“, schreibt der Autor.  

Mit „Was Frieden schafft“ hat Weingardt ein sehr anschauliches, verständliches und interessantes Buch über zehn unterschiedliche Methoden in der religiösen Friedensarbeit vorgelegt, wie gewaltfreie Aktionen, Friedenserziehung, Friedensmärsche, Mediation, Menschenrechtsarbeit, Dialog oder Vermittlung. Jedem Ansatz ist ein eigenes Kapitel gewidmet.  Dieses beschreibt zunächst die Methode an sich. Danach untermauert Weingardt die Theorie mit gelebten Beispielen, wie religiöse Gemeinschaften oder Institutionen zum Frieden beigetragen haben. Das deutsche Kirchenasyl oder die Ostermärsche kommen genauso vor wie der Pilgerweg der Wahrheit aus Kambodscha, das internationale Parlament der Weltreligionen oder die Organisation „Rabbiner für Menschenrechte“, die im Konflikt zwischen Israel und Palästina zu vermitteln suchen.

Als Beispiel gelungener Vermittlungsarbeit nennt Weingardt die montäglichen Friedensgebete in Leipzig. Ohne die Beteiligung der evangelischen Kirche wäre die Wende im Herbst 1989 kaum möglich gewesen, meint er. Auf internationaler Ebene hat sich die katholische Laiengemeinschaft Sant’ Egidio vielfach als neutraler Vermittler erfolgreich eingeschaltet, so im bürgerkriegsgeschüttelten Mosambik. Auch wenig bekannte Fälle wie die ruandischen Muslime, die sich dem Genozid widersetzten, kommen vor. Es ist der Charme des Buches, dass Weingardt aus jeder großen Religion friedensschaffende Beispiele benennen kann.

Bei allem Positiven bleibt Weingardt Realist. Friedensengagement sei oft mühsam und „scheinbar hoffnungslos“. Es zähle aber nicht allein der Erfolg, sondern auch das Bemühen um Frieden. Es gehe darum, „ein Zeichen für Menschlichkeit und Anteilnahme“ zu setzen. Dass das Buch nicht nur gut verständlich geschrieben, sondern auch mit Bildern, Karten und Infokästen ansprechend aufbereitet ist, prädestiniert es für den Religions- und Ethikunterricht in den höheren Klassen. Es ist im besten Sinne ein Handbuch für die konkrete Friedensarbeit.

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