Hölle auf Erden

Oscar Martínez‘ Reportagen aus den Jahren 2011 bis 2015 kreisen um Drogenkriminalität und Staatsversagen in seiner mittelamerikanischen Heimat. Er zeigt damit,  weshalb Menschen aus ihrer Heimat fliehen.

Der salvadorianische Journalist, der für ElFaro.net, die erste Onlinezeitschrift Lateinamerikas, arbeitet, beschreibt Täter, Opfer und Menschen, die gegen Gewalt und Korruption in ihren Ländern kämpfen. Einer von ihnen ist der Gerichtsmediziner Israel Ticas, der in El Salvador über Monate hartnäckig versucht, Mordopfer aus einem tiefen Brunnenschacht zu bergen, damit die Täter bestraft werden können. Ein anderer ist das mutige Bandenmitglied El Niño, der unter großen Gefahren dem Verbrechen abschwört und gegen seine alten Kameraden aussagt. Oder auch der Bauernführer Alfredo Che, der für die Rechte der Quekchi-Indios im Petén eintritt, die in den Konflikten zwischen Behörden und Banden zerrieben werden.

Martínez zeigt, wie mangelhafte staatliche Entwicklung und schwache Institutionen die Ungleichheit verschärfen. Die große Mehrheit der Bevölkerung lebt in extremer Armut, während einige wenige immensen Reichtum zur Schau stellen.

Organisierte Drogenkriminalität, Korruption und Straflosigkeit in Honduras und Guatemala sorgen für allgemeine Verrohung, blutige Konflikte und Gewaltexzesse, höchste Mordraten und Verbrechen an Migranten und Migrantinnen, Frauen und Kindern. San Pedro Sula in Honduras hat die höchste Mordrate der Welt, im benachbarten Guatemala hat sich die äußerst brutal auftretende mexikanische Drogenmafiabande Los Zetas ausgebreitet. Dem hat ein bewusst neoliberal verfasster schlanker Staat mit schwach gehaltener Staatsanwaltschaft und Polizei kaum etwas entgegenzusetzen.

Ebenso wenig in El Salvador, wo die Gerichtsmedizin wegen fehlender Mittel und mangels Personal kaum ihren Aufgaben nachkommen kann. Drogenbanden und kriminelle Jugendgangs wie die salvadorianische Mara Salvatrucha tyrannisieren die Gesellschaft und missbrauchen ihre Länder als Einfallstor für Drogen in die USA. Gewaltexzesse und Korruption in Politik, Polizei und Rechtsprechung führen nicht zuletzt dazu, dass sich Millionen von Menschen auf den Weg in Richtung Norden machen, um Gewalt und Verelendung zu entgehen – trotz hoher Risiken für Leib und Leben auf dem Weg durch Mexiko.

Martinez‘ spannende Reportagen beschreiben Gegenden und Menschen, die der Staat der Willkür von Kriminellen überlässt, ebenso wie Kronzeugen, die vom Staat im Stich gelassen werden, weil er nicht die Mittel hat oder willens ist, sie zu schützen.

Andere Menschen vertrauen sich den von der Bevölkerung „coyotes“ genannten Schleppern an, um in den Norden zu fliehen. Die Texte erinnern an Erzählungen wie die von Gabriel García Márquez, die zwischen Fiktion und Realität schwanken, zwischen erzählendem Journalismus und realistischer Erzählung.

Martínez legt seinen Finger in die Wunde, zeigt die Fehlentwicklungen in Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua schonungslos auf,  und er erklärt uns in erschreckenden Einzelheiten, warum die Menschen aus dieser Region massenhaft die Flucht ergreifen.

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