Neuer Schwung für die zivile Konfliktprävention

Deutschland ist seit Januar für zwei Jahre Mitglied des UN-Sicherheitsrats. Die Bundesregierung will sich in dieser Zeit unter anderem um die Vorbeugung von Konflikten kümmern. Bislang dümpelte die zivile Konfliktprävention im Berliner Politikbetrieb wenig beachtet vor sich hin. Doch der vor einem Jahr eingerichtete Bundestagsunterausschuss bringt ihr mehr Aufmerksamkeit.
Der Ressortkreis Zivile Krisenprävention, der Vertreter der Bundesministerien versammelt, die für dieses Politikfeld wichtig sind, hat in der Vergangenheit nie wirklich Einfluss erhalten. Seine bislang vorgelegten drei Umsetzungsberichte zum Aktionsplan Zivile Krisenprävention, den die rot-grüne Bundesregierung 2004 verabschiedet hat, sind beliebige Aufzählungen von politischen Maßnahmen, die mal mehr, mal weniger mit der Vorbeugung von Konflikten zu tun haben. Anstoß daran haben bislang aber nur zivilgesellschaftliche Organisationen genommen, die im Beirat Zivile Krisenprävention versammelt sind, der ebenfalls im Aktionsplan vorgesehen ist und die Politik beraten soll.
 

Autor

Tillmann Elliesen

ist Redakteur bei "welt-sichten".

Doch seit einigen Monaten bekommt die zivile Krisenprävention neuen Schwung – hervorgerufen vom neuen Bundestagsunterausschuss für dieses Thema, der im März 2010 eingerichtet wurde. „Der Unterausschuss ist Gold wert, weil er der zivilen Krisenprävention im Parlament eine Aufmerksamkeit verschafft, die wir vorher nur bei einzelnen Abgeordneten hatten“, sagt Georg Birgelen, der Beauftragte des Auswärtigen Amtes (AA) für zivile Krisenprävention und Vorsitzende des Ressortkreises. Zugleich sorgt der Ausschuss dafür, dass sich die Spitzen der Ministerien mit dem Thema befassen. Früher sei der Ressortkreis nie bis zur Ebene der Staatssekretäre vorgedrungen, sagt Friedrich Däuble, der Vorgänger von Birgelen in den Jahren 2006 bis 2008. Heute hingegen müssten die Ministerien im Ausschuss Rede und Antwort stehen.

Zu Sudan musste die Regierung dem Parlament vortragen

Ein Beispiel ist die Sudan-Resolution des Bundestages vom Frühjahr 2010, die von der Regierung vorbeugende Schritte gegen Gewalt im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum im Januar verlangte. Im Herbst vergangenen Jahres mussten die maßgeblichen Ministerien dazu im Unterausschuss vortragen. „Unsere Aufgabe ist es, die Regierung anzutreiben“, sagt Ausschussvorsitzender Joachim Spatz von der FDP. Laut Spatz verwendet der Unterausschuss seine Arbeitszeit je zur Hälfte für praktische Fälle wie den Sudan und für grundsätzliche Fragen zur Krisenprävention. Die Umsetzungsberichte der Bundesregierung sollen nach dem Willen der Abgeordneten neu konzipiert und aussagekräftiger werden.

Lob erhält der Unterausschuss auch aus der Zivilgesellschaft. Er mache einen sehr engagierten und an der Sache orientierten Eindruck, urteilt etwa Ute Finckh-Krämer vom Bund für Soziale Verteidigung. „Parteipolitik spielt keine Rolle.“ Angelika Spelten vom Institut für Entwicklung und Frieden, die im Beirat Zivile Krisenprävention sitzt, erwartet, dass der Unterausschuss für mehr Transparenz in der Diskussion über zivile Konfliktbearbeitung sorgt. Im Ressortkreis würden Differenzen zwischen den Ministerien – etwa zur Frage des Verhältnisses zwischen Militär und zivilen Kräften – gern verschleiert. Der Unterausschuss könnte hier für mehr Offenheit sorgen; in der Diskussion über die Sudan-Politik sei das bereits gelungen, sagt Spelten.

Umso bedauerlicher sei die Kürzung der Mittel für Krisenprävention im Bundeshaushalt 2011, sagt Spelten. Im Auswärtigen Amt hingegen wertet man den Rückgang von 90 Millionen auf 60 Millionen Euro eher als Schritt zur Normalität. In den Jahren 2007 bis 2009 waren die AA-Mittel für Krisenprävention von 12 Millionen auf über 100 Millionen Euro gestiegen. Das sei nicht nur sachlich begründet gewesen, sondern habe auch damit zu tun habt, dass sich der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit einem Engagement des Amtes in diesem Politikfeld schmücken wollte, sagt einer, der sich auskennt. Nicht alles Geld habe sinnvoll ausgegeben werden können; 2008 habe das Amt deshalb einen Teil des Budgets wieder an den Finanzminister zurückgeben müssen. Die jetzt anstehende Kürzung bedeute keinen Politikwechsel, sagt ein AA-Mitarbeiter. Ebenso wenig wie die Versiebenfachung der Mittel unter Steinmeier einen echten Wechsel gebracht habe.

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erschienen in Ausgabe 2 / 2011: Behinderung: Das Recht auf Teilhabe
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