Entwicklungspolitik auf den Prüfstand

„Was kommt nach 2015?“ Um diese Frage ging es auf der diesjährigen Entwicklungspolitischen Konferenz der Kirchen und Werke Ende März in Bad Boll. Tenor: Die Aufgaben für die internationale Zusammenarbeit sind gewachsen, kirchliche, nichtstaatliche und staatliche Kräfte müssen sich darauf einstellen. Zugleich besteht die Gefahr, dass angesichts globaler Probleme Aufgaben wie die Bekämpfung von Armut und Hunger aus dem Blick geraten.

2015 sei ein Symbol für eine notwendige Neuorientierung, sagte Pfarrerin Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von „Brot für die Welt". Weder die Millenniumsentwicklungsziele noch die Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens würden bis dahin erreicht werden. Auch sei nicht abzusehen, dass globale Gefahren wie der Klimawandel ausreichend angegangen würden, um zum Beispiel die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad Celsius zu begrenzen. Die kirchliche Entwicklungszusammenarbeit müsse sich fragen, wie sie sich in Zukunft inhaltlich und institutionell aufstelle, um auf diese Herausforderungen reagieren zu können.

Autoren

Katja Dorothea Buck

ist Religionswissen- schaftlerin und Journalistin in Tübingen.

Tillmann Elliesen

ist Redakteur bei "welt-sichten".

Bischof Martin Schindehütte, in der EKD für Ökumene und Auslandsarbeit zuständig, begrüßte in diesem Zusammenhang die Fusion von „Brot für die Welt" und dem Evangelischen Entwicklungsdienst: Der Zusammenschluss zu einem neuen Werk, das Entwicklung und Diakonie bündele, sei die richtige Antwort. Mehr und sichtbareres Engagement forderte Schindehütte von internationalen kirchlichen Verbünden, etwa vom Ökumenischen Rat der Kirchen.

„Wir müssen Ressortgrenzen infrage stellen"

Für die staatliche Entwicklungszusammenarbeit reklamierte Adolf Kloke-Lesch, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), sie habe mit der Fusion der technischen Zusammenarbeit zur GIZ bereits ein wirkungsvolles Instrument zur Bearbeitung globaler Entwicklungsprobleme geschaffen. Imme Scholz, die stellvertretende Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik in Bonn, forderte indes eine „radikale Neudefinition von Entwicklungspolitik". Die Aufgaben könnten nicht mehr allein von einem Ministerium geschultert werden. „Wir müssen Ressortgrenzen infrage stellen", sagte Scholz und stellte die Idee eines übergreifenden Transformations- oder Zukunftsministeriums in den Raum, das sich um die drängenden Fragen wie den Klimawandel oder die Ernährungssicherung kümmern würde.

Das stieß auf Zustimmung, allerdings auch auf Bedenken: Würde ein solches Ministerium nicht genuin entwicklungspolitische Aufgaben wie die Armutsbekämpfung und den Einsatz für Gerechtigkeit übersehen? Thilo Hoppe von den Grünen sagte, Entwicklungspolitik sei weiterhin nötig; er habe die Sorge, neue Ziele für „nachhaltige Entwicklung", wie sie auf der bevorstehenden UN-Konferenz Rio+20 möglicherweise beschlossen werden, um die Millenniumsziele abzulösen, könnten zu allgemein und unverbindlich ausfallen.

Einigkeit herrschte bei den Tagungsteilnehmenden, dass die kirchliche Entwicklungszusammenarbeit sich stärker in die Wertediskussion einmischen müsse. In Bad Boll flammte denn auch immer wieder die Diskussion über den Begriff Entwicklung als solchen auf. Claudia Warning vom Vorstand des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) berichtete von einer Begegnungsreise nach Papua: Für die Gastgeber sei „westliche Entwicklung" gleichbedeutend mit Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen gewesen - zum Erstaunen einiger Besucher aus Deutschland, für die der Begriff auch für Aufklärung, Demokratie und wirtschaftlichen Fortschritt gestanden habe.

Eine ausführliche Dokumentation der Tagung wird Anfang Mai vorliegen.

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erschienen in Ausgabe 5 / 2012: Digitale Medien: Das Versprechen der Technik
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