Ein bisschen mehr Gemeinsamkeit

Die Europäische Union (EU) und ihre Mitglieder wollen ihre Entwicklungsprojekte besser aufeinander abstimmen. Das klappe bislang kaum, kritisieren zwei Forschungsinstitute: Die Geber hängen zu sehr an ihren eigenen Projekten.

Die EU will die Entwicklungshilfe effizienter gestalten und besser koordinieren. Dabei helfen soll das sogenannte „Joint Programming“ (JP). Das 2009 vom EU-Ministerrat beschlossene Verfahren sieht eine gemeinsame Planung und eine bessere Abstimmung der Entwicklungsprojekte in den Partnerländern zwischen den verschiedenen EU-Institutionen und den beteiligten Mitgliedsstaaten vor. In einer ersten Pilotphase wird das JP in Haiti (seit 2010) und dem Südsudan (seit 2011) erprobt, seit Anfang 2012 auch in Äthiopien, Ghana, Guatemala, Laos und Ruanda. 2014 kommen weitere 20 Länder dazu, bis 2020 will die EU das JP in 50 Partnerländern einführen.

Bei dem neuen Ansatz geht es nicht um gemeinsam finanzierte Projekte – die einzelnen Mitgliedsstaaten bleiben weiter als Geber sichtbar. Eine frühzeitige Aufgabenteilung nach verschiedenen Sektoren soll verhindern, dass Projekte parallel laufen. Für die Koordination zuständig ist die Botschaft eines EU-Landes oder die EU-Delegation, die den Partnerländern auch als zentraler Ansprechpartner dienen soll.

Wichtige Voraussetzungen für den Erfolg fehlen

Bislang sind die Auswirkungen des „Joint Programming“ auf die Praxis eher gering, die Abstimmung in den Partnerländern geht nur schleppend voran. Zu dieser Einschätzung kommen das European Center for Development Policy Management (ECDPM) in Maastricht und das Deutsche Institut für Entwicklungsforschung (DIE) in Bonn. Grundlage ihrer Analyse sind unter anderem Ergebnisse von Umfragen unter beteiligten EU-Einrichtungen und den Mitgliedsstaaten, die eine Beratungsfirma im Auftrag der EU-Kommission gemacht hat. Ein grundsätzliches Problem sieht das ECDPM im geringen Stellenwert der gemeinsamen Entwicklungspläne. Die Geber folgten eher den nationalen Vorgaben und hielten an der Arbeit in bestimmten Sektoren fest, in die sie bereits investiert haben – auch wenn das JP eine andere Aufgabenteilung vorsieht. Zudem haben sich die Länder bislang nicht auf eine gemeinsame Definition der Fokus-Sektoren verständigt. Unklar ist auch, nach welchen Kriterien bestimmt wird, welche Geber die jeweils besseren Ansätze und Projekte in einem bestimmten Entwicklungsbereich haben. Beides seit jedoch Voraussetzung, „damit Joint Programming nicht nur eine weitere Papierübung wird“, heißt es in dem Bericht des Centers.

Auch für die Arbeit vor Ort sehen die Autoren des Berichts noch viel Nachholbedarf. Für die Dienststellen der Entwicklungsorganisationen und die beteiligten Botschaften bedeute das JP einen bürokratischen und personellen Mehraufwand. Auch sei bei vielen nicht geregelt, auf welchen Dienstwegen die Berichterstattung erfolgen soll. Wie gut die Abstimmung in den Partnerländern funktioniere, hänge nicht zuletzt stark von den örtlichen Bedingungen ab.

Autor

Heimo Claasen

ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".

Deshalb seien mehr Flexibilität und eine Dezentralisierung von Entscheidungen nötig, schreiben die Autoren des DIE-Berichts, die die europäischen Entwicklungsvorhaben im Südsudan untersucht haben. Dort hatten sich die acht beteiligten Mitgliedsstaaten und die EU-Einrichtungen 2011 auf einen gemeinsamen Plan und die Aufteilung der Projekte in Gesundheits-, Bildungs- und Justizwesen geeinigt. Durch die Unterbrechung der Öllieferungen an den Norden fielen dem Südsudan jedoch die wichtigsten Einnahmen weg – und das Land konnte den Eigenanteil an den Entwicklungsprojekten nicht mehr aufbringen. Obwohl die Vertretungen der beteiligten Mitgliedsstaaten in demselben Quartier in der Hauptstadt Juba angesiedelt sind, lief die Abstimmung über die Zentralen in den Heimatländern, da mehr als die Hälfte der beteiligten Landesbüros keine finanziellen Anpassungen beschließen dürfen. Auch deshalb sei es wünschenswert, dass die einzelnen Geberländer und die EU nicht nur Pläne machen, sondern gleich Projekte gemeinsamen finanzieren und umsetzen.

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erschienen in Ausgabe 11 / 2013: Kriminalität
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