Zwang zum Wohlverhalten?

(20.11.2013) Zigaretten, fettes Essen und zu wenig Bewegung – auch immer mehr Menschen in armen Ländern schädigen so ihre Gesundheit. Hat der Staat die Pflicht, einzugreifen? Die Weltbank findet: Ja.

Rauchen und Übergewicht durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel nehmen laut einem neuen Bericht der Weltbank vor allem in Entwicklungsländern zu. Beides erhöht die Anfälligkeit für Krankheiten und das Risiko, früh zu sterben. In vielen dieser Länder gibt es keine Krankenversicherung; die Menschen müssen für medizinische Dienste tief in die Tasche greifen. 

Riskantes Verhalten gefährdet aber nicht nur die Existenz des Einzelnen, wie der Autor des Berichtes, Damien de Walque betont. „Das hat häufig auch Folgen für sein Umfeld“. Wer häufiger krank ist, kann weniger arbeiten. Das belastet unter Umständen auch die Kollgen und den gesamten Betrieb.

Kinder leiden besonders unter dem riskanten Verhalten ihrer Eltern

Kinder litten besonders, so der Ökonom. Das gelte etwa, wenn sie die Schule verlassen müssen, weil ein Elternteil krank ist und kein Geld mehr verdienen kann. Oder wenn sie aufgrund von Alkoholmissbrauch der Mutter während der Schwangerschaft in ihrer Entwicklung behindert sind.

Vor diesem Hintergrund seien staatliche Eingriffe gerechtfertigt, die gesundheitsbewusstes Verhalten fördern sollen, betont de Walque. Die Regierungen versuchen auf verschiedene Weise, ihre Bürger von Zigaretten, Alkoholkonsum und ungesunder Ernährung abzuhalten: mit Gesetzen, Steuern, Aufklärungskampagnen und finanziellen Anreizen. Jüngstes Beispiel: Mexiko hat eine Strafsteuer auf Fast Food und Softdrinks eingeführt.

Gute Erfahrungen mit finanziellen Anreizen

Doch nützt der Zwang zum Wohlverhalten? Der Weltbank-Bericht kommt zum Schluss, dass vor allem Gesetze wirksam sind – etwa das Verbot von Tabakwerbung – wenn sie denn auch durchgesetzt werden. Auch Steuern hätten sich als wirkungsvoll erwiesen, um den Konsum von Tabak und Alkohol zu senken. Ärmere Länder haben laut Bericht gute Erfahrungen mit Cash-Transfers, also finanziellen Anreizen, gemacht, um gesundheitsbewusstes Verhalten zu stärken.

Allerdings müsse man die sogenannten „Substitutionseffekte“ berücksichtigen: Wenn bestimmte Produkte etwa durch Besteuerung teurer oder per Gesetz verboten werden, weichen die Verbraucher einfach auf andere aus. Damit erklären Experten unter anderem, dass die „Fettsteuer“ in Dänemark nicht den erwünschten Effekt hatte.

Über die langfristigen Wirkungen der staatlichen Bemühungen, gesundheitsschädigendes Verhalten zu reduzieren, sei allerdings  noch wenig bekannt, schreibt Damien de Walque abschließend. Hier seien noch große Forschungslücken zu schließen. (gka)

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Ein sehr in die Tiefe wirkendes Thema haben Sie da herausgepickt. In freiheitlichen Gesellschaften sind staatlich verordnete Verhaltensformen ein Widerspruch in sich. Auch sollte beleuchtet werden, ob sich hinter diesem verschleiernden Begriff nicht sehr oft krasse Interessenvertretung versteckt. Dazu ein paar Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit. Mit dem Verbot der Glüh(faden)birne ging einher die Einführung der ersten Generation der sog. Sparlampen, die trotz erwiesener Giftigkeit in Millionen Wohnungen und Kinderzimmer eindrangen - eine offensichtliche Promotion-Maßnahme für die Hersteller dieser Leuchtmittel. Die Rundfunkgebühr für alle Haushalte - eine schlecht verhüllte Steuer, die den Rundfunkanstalten als Wurmfortsatz der Länderregierungen höhere Einnahmen bringt als je zuvor. Die Gurtpflicht für Autofahrer, die nur vordergründig der Allgemeinheit nützt. Die Krankenversicherungspflicht für alle mit Wohnsitz in Deutschland - jedem fallen in seinem Umfeld weitere Beispiele ein, die alle etwas gemeinsam haben. Die Entscheidungsfreiheit wird beschnitten mit der Behauptung, eine höhere Instanz wüsste besser, was für das Individuum gut ist. Solches Denken ist für Diktaturen und autoritäre Systeme typisch und beleidigend für mündige Bürger. Wo soll dann die Grenze sein zwischen Gemeinwohl und unverschämten Eingriffen in die persönlich Handlungsfreiheit? Wer würde klaglos hinnehmen, daß ihm der Lebenspartner vorgeschrieben wird? Hatten wir das nicht schon in Deutschland? Wird nicht zur Zeit darüber heftig gestritten? In Europa begeben sich gerade schlecht beratene Entscheider auf diesen mit Verboten gespickten Pfad. Zeitgleich ignorieren die Verantwortlichen ihre eigenen Gesetze, wo es ihnen passt. Beispiele: Ankauf und Verwertung von gestohlenen Datenträgern, trotz Steuergeheimnis rücksichtslos zur Schau gestellte Steuerpflichtige, unbegründetes Ausforschen der Kommunikation von Millionen Bürgern, ungehemmte Verschwendung von Milliarden jedes Jahr bei Beamten und Politikern, die anscheinend die Immunität gepachtet haben. Bei dieser Ausgangslage wäre der staatliche Eingriff in die Essgewohnheiten der Gipfel der Fremdbeglückung. Auch bei diesem Thema ist der richtige Weg Bildung und Ausbildung. Das dauert zwar, lässt aber jedem die Freiheit sich nach eigener Entscheidung zu verhalten. Abweichungen von diesem Pfad sind auf Dauer nicht mehr durchsetzbar und die Protagonisten bekommen ihre Quittung wie die Grünen mit ihrem "Veggieday".

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