Manna für die Agrarmultis

Die Nahrungsmittelhilfe der USA ist ineffizient und nutzt nicht mal mehr den eigenen Bauern

Die USA sind der letzte große Geber, der seine Nahrungsmittelhilfe von den heimischen Feldern rund um den Globus in die Hungergebiete in Afrika und Asien verschifft. Das ist teurer, zeitraubender und weniger wirksam, als die Hilfsgüter in den Hungerregionen oder auf dem internationalen Markt zu kaufen. Doch es ist nicht in Sicht, dass der US-Kongress diese Politik ändert.

Autor

Tillmann Elliesen

ist Redakteur bei "welt-sichten".


Alle fünf Jahre dasselbe Spiel: Bis Ende September muss der US-Kongress die neue „Farm Bill“ verabschieden. Das ist ein dickes Gesetzespaket, das alles regelt, was in den Vereinigten Staaten mit Landwirtschaft und Ernährung zu tun hat. Es gilt auch für die Nahrungsmittelhilfe, die Washington seit Jahrzehnten in die Hunger- und Katastrophengebiete der Welt schickt. Die fällt in den USA nämlich nicht wie in vielen anderen Geberländern ins Ressort Entwicklungspolitik, sondern ist Teil der Agrarpolitik. Nur ein kleiner Teil läuft über die Entwicklungsagentur USAID, den größten Teil der Hilfe kauft die Regierung bei heimischen Bauern und transportiert ihn auf eigenen Schiffen rund um die Welt.

Das haben andere große Nahrungsmittelspender wie die Europäische Union oder Kanada lange Zeit genauso gemacht. Aber inzwischen hat eine Reihe von Studien gezeigt, dass diese Form der Hilfe viel teurer und weniger wirksam ist, als wenn das Getreide in den Regionen, in denen Hunger herrscht, gekauft wird. Denn meistens mangelt es dort ja nicht an Nahrung, sondern die Menschen hungern, weil sie keine Märkte erreichen oder zu arm sind, um sich etwas zu essen zu kaufen. Alle großen Geber haben deshalb mittlerweile ihre Politik geändert. Sie kaufen Lebensmittel lokal oder geben den Hilfsorganisationen wie dem Welternährungsprogramm Geld. Dann können die selbst entscheiden, wo sie ihre Hilfsgüter am günstigsten beschaffen.

Nicht so die USA. Dort hat eine Allianz aus Agrarindustrie, Transportschifffahrt und nichtstaatlichen Hilfsorganisationen, die das US-Getreide zum Teil in den Hungerländern verkaufen, eine Reform bislang erfolgreich verhindert. Und so wird wohl auch in der nächsten „Farm Bill“ alles beim Alten bleiben. Dabei hat sogar der Rechnungshof des Kongresses mehrfach  in den vergangenen Jahren auf die Mängel der US-Nahrungsmittelhilfe hingewiesen und Änderungen angemahnt.
Und eine Recherche der britischen Zeitung „The Guardian“ hat unlängst gezeigt, dass vor allem drei große Saatgutkonzerne von der gegenwärtigen Praxis profitieren: Allein der Agrargigant ADM gewann 2010/2011 fast die Hälfte der Hilfsaufträge und verkaufte der Regierung Getreide im Wert von 300 Millionen US-Dollar. Cargill und Bunge verdienten 96 beziehungsweise 75 Millionen US-Dollar. Die Nahrungsmittelhilfe der USA erfüllt also nicht einmal mehr den Zweck, die heimischen Bauern zu fördern.

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erschienen in Ausgabe 8 / 2012: Auf der Flucht
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