„Die ODA-Quote nicht als Götzen anbeten“

Offiziell hält Berlin am 0,7-Prozent-Ziel fest. Doch die Leitung des Entwicklungsministeriums (BMZ) will vor allem die Wirksamkeit der Mittel steigern. Die Opposition bezweifelt, dass die Strategie der Regierung zum Erfolg führt.

Man stehe zu dem Ziel, die deutschen Entwicklungsleistungen bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts (ODA-Quote) zu steigern, erklärte BMZ-Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz auf einer Berliner Tagung der entwicklungspolitischen Lobbyorganisation ONE. Allerdings, befand Beerfeltz, dürfe das Pochen auf die ODA-Quote nicht „zur Götzenanbetung“ werden. Es müsse um die Qualität der Zusammenarbeit gehen, nicht nur um Quantität.

Nur wie? Was Beerfeeltz und die entwicklungspolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen, Holger Haibach (CDU) und Harald Leibrecht (FDP), damit genau meinten, blieb unklar: Die Bildungsarmut müsse bekämpft, Landwirtschaft und gute Regierungsführung müssten gefördert werden – nicht zu vergessen die Wirtschaftsentwicklung, inklusive einer für deutsche Unternehmen „freundlicheren Gestaltung“ der Entwicklungszusammenarbeit, wie Minister Niebel die von ihm gewünschte stärkere Einbindung der Wirtschaft nennt.

„Mehr Synergie schaffen“ lautet die neue Zauberformel im BMZ, und gemeint ist: Auch mit schmalem Budget lässt sich viel bewirken. Fraglich ist allerdings, ob die Quotierung der staatlichen Entwicklungsgelder, auf die sich die schwarz-gelbe Koalition festgelegt hat, in diese Richtung wirkt. Zwei Drittel sollen künftig direkt (bilateral) vergeben werden, nur ein Drittel über multilaterale Verteiler wie UN, EU oder Weltbank – gegen den internationalen Trend.

Die Oppositionsfraktionen bezweifeln, dass das der notwendigen Harmonisierung und Effizienzsteigerung innerhalb der internationalen Gebergemeinschaft dient. Auch die Absicht des BMZ, künftig weniger direkt in die Staatshaushalte der Entwicklungsländer einzuzahlen (Budgethilfe) und stärker auf Projekthilfe zu setzen, sieht die Opposition skeptisch. Sascha Raabe (SPD): „Das alles führt schnell zu mehr anstatt zu weniger Disharmonie.“

Die Zwänge internationaler Vereinbarungen sind stark

Bis jetzt freilich hat die neue BMZ-Leitung multilaterale Mittel noch nicht gekürzt; es gibt vereinzelt sogar Zuwächse. Zu stark sind die Zwänge internationaler Vereinbarungen sowie der etablierten Verteilungswege für Hilfe und nicht zuletzt die Gefahr des Bedeutungsverlusts in supranationalen Gremien.

Schützenhilfe für die neue BMZ-Marschroute kommt aus dem Institut für Entwicklungspolitik (DIE). Es sei an der Zeit, „neue Maßstäbe, Messverfahren und Zielgrößen für die finanzielle Dimension der internationalen Zusammenarbeit – jenseits der Entwicklungshilfe – zu finden“, schreibt DIE-Abteilungsleiter Peter Wolff auf ZEIT-Online. Das ist ein Plädoyer für eine stärkere Einbindung von privatem Kapital in die Entwicklungszusammenarbeit und relativiert zugleich die künftige Bedeutung der ODA. Genau darauf will auch dasBMZ hinaus.

 

erschienen in Ausgabe 6 / 2010: Vom klein sein und groß werden
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