Wenig Hilfe für Schwule und Lesben

In vielen Ländern wird Homosexualität hart bestraft, in einigen sogar mit dem Tode. Die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik kümmert sich darum kaum, kritisieren Aktivisten und Menschenrechtler.

Anfang dieses Jahres hatte Entwicklungsminister Dirk Niebel Uganda gedroht, man werde die Entwicklungshilfe für das Land überdenken, sollte ein Gesetzentwurf Wirklichkeit werden, der schon die „Propagierung“ von Homosexualität mit langjähriger Haft bestrafen will. Das widerspreche jedwedem entwickelten Menschenrechtsverständnis, so Niebel. Ähnlich hatte sich, vor Amtsantritt, Außenminister Guido Westerwelle geäußert.

Doch ein Herzensanliegen der deutschen Politik ist der bessere Schutz von Schwulen, Lesben und Transsexuellen nicht – auch dann nicht, wenn sie anderswo Repression und Hass ausgesetzt sind oder im In- und Ausland Zuflucht vor Verfolgung suchen. „Wer auf den Internet-Seiten des Auswärtigen Amts nach dem Thema Homosexualität sucht, findet Reisewarnhinweise“, so Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, die sich mit dem Thema Homo- und Transphobie intensiv befasst und in Berlin zu einer Diskussionsrunde eingeladen hatte. In der Entwicklungspolitik sei das Thema ebenfalls ein blinder Fleck.

Der Bundestag kriegt keinen Entschluss zustande

Auch Volker Beck kann kein besonderes Engagement Deutschlands erkennen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion und bekennende Homosexuelle vermisst vor allem Hilfestellung und ordentliche Aufnahmeregelungen für homo- und transsexuelle Flüchtlinge. Deutsche Botschaften – als verlängerter Arm der Regierung – beschäftigten sich kaum mit dem Thema; im Unterschied zu den Botschaften vieler anderer Länder.

Im Parlament, klagt Beck, sei nicht einmal eine Entschließung gegen die drohenden Strafverschärfungen in Uganda zustande gekommen. Die Regierungsfraktionen hätten die grüne Initiative nicht mittragen wollen, obwohl in der Sache insgesamt Einigkeit herrsche. Das Argument: Man stimme nun einmal Entschließungen aus der Opposition nicht zu – was in der Tat ein weithin gepflegter Brauch ist. Im EU-Parlament hingegen sei eine ähnlich lautende Resolution von allen Fraktionen umstandslos akzeptiert worden, so Beck.

Entwicklungshilfe zu kürzen, wie dies Entwicklungsminister Niebel Uganda angedroht hatte, sei indessen auch nicht immer hilfreich, befand Claudia Körner von Amnesty International beim Böll-Gespräch. Das werde in Uganda, und nicht nur dort, schnell als neokoloniale Einmischung verstanden, was die Hardliner im Land noch ansporne.

Arsham Parsi von der Organisation Iranian Queer Railroad setzt derweil darauf, zivilgesellschaftliche Netzwerke, die sich verfolgter Homosexueller im In- und im Ausland annehmen, organisatorisch wie finanziell zu stärken. Der Iraner hat als Schwuler in Kanada Asyl gefunden, während in Uganda der internationale Druck indessen teilweise erfolgreich war: Die Regierung von Präsident Yoweri Museveni in Kampala hat den Gesetzentwurf aufgrund der weltweiten Proteste inzwischen abgeschwächt. Zumindest von Todesstrafe ist darin keine Rede mehr.

 

Tansania: Kirche wettert gegen Schwule

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania (ELCT) will künftig keine Hilfe mehr von Kirchen annehmen, die sich für die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften aussprechen. Das hat der geschäftsführende Vorstand der ELCT Ende April beschlossen. Die Kirche werde außerdem niemanden einstellen, der in einer solchen Partnerschaft lebt. Homosexualität sei gegen die biblische Lehre, heißt es in einer Mitteilung der ELCT.

Bereits im Januar hatten die Bischöfe der ELCT darüber beraten, wie mit der Entscheidung einiger europäischer und amerikanischer Kirchen, die Homoehe anzuerkennen, umzugehen sei. „Wir lehnen jegliche unangemessene und falsche Interpretation der Heiligen Schrift ab, welche die gleichgeschlechtliche Ehe rechtfertigen soll“, heißt es in einer Erklärung der Bischöfe, die außerdem alle Gleichgesinnten auffordern, gemeinsam gegen diese Strömung zu arbeiten. Diese Zusammenarbeit werde dazu beitragen, die Kirche vor Schaden zu bewahren, heißt es weiter. „Wir fordern die Gläubigen in der ELCT auf, sehr vorsichtig, aufmerksam und kritisch zu sein, damit sie nicht ihren Glauben verlieren angesichts dieser befremdlichen Lehre, welche im Zeitalter der Globalisierung sehr leicht Menschen verführen kann“, schreiben die Bischöfe. (kb)

erschienen in Ausgabe 6 / 2010: Vom klein sein und groß werden
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