Die Schweiz will früheren Diktatoren ans Portemonnaie

Die Schweiz hat nun ein „Gesetz über die Rückerstattung unrechtmässiger Vermögenswerte politisch exponierter Personen“, das die Sperrung, Einziehung und Rückerstattung von Potentatengeldern regelt. Nichtstaatliche Organisationen bezweifeln jedoch, dass das vom Volksmund nach Haitis Ex-Diktator „Lex Duvalier“ genannte Gesetz seinen Zweck erfüllt.

Die Regierung (Bundesrat) hatte mehrmals die Vermögenswerte des früheren haitianischen Diktators Jean-Claude Duvalier blockiert und damit die Freigabe von rund 5,7 Millionen US-Dollar von Schweizer Bankkonten an den Duvalier-Clan verhindert. Die Rechtsgrundlage dazu fehlte indes, so dass das Bundesgericht im Januar eine Beschwerde der Duvalier-Familie guthieß. Der Bundesrat beauftragte das Außenministerium (EDA) umgehend mit einem Gesetzesentwurf: Er wolle nicht, „dass der Finanzplatz Schweiz als Fluchtort für Vermögenswerte krimineller Herkunft dient“.

Die im September im Nationalrat verabschiedete „Lex Duvalier“ ermöglicht nun, dass das seit 1986 blockierte Geld an die haitianische Bevölkerung zurückgegeben werden kann. Der Ständerat, die kleine Parlamentskammer, hatte bereits im Juni für das Gesetz gestimmt. Die Räte korrigierten den Entwurf der Regierung in einem Punkt: So sollen Potentatengelder für zehn anstatt nur für fünf Jahre blockiert werden können. Zudem fügte der Nationalrat das Ziel hinzu, mit der Rückerstattung der Gelder auch die Rechtsstaatlichkeit in den Herkunftsländern zu stärken.

Die NGOs sehen ihre Vorschläge weitgehend ignoriert

Die NGO-Koalition von Aktion Finanzplatz Schweiz (AFP), Brot für Alle, Erklärung von Bern, Fastenopfer und Transparency International Schweiz wie auch die Alliance Sud der Hilfswerke kritisiert indes, außer der Verlängerung der Verjährungsfrist auf zehn Jahre habe der Gesetzgeber keinen ihrer Änderungsvorschläge berücksichtigt. „Der Nationalrat ist nicht einmal dem Mehrheitsantrag seiner Rechtskommission gefolgt, die eine Streichung der ‚gütlichen Einigung‘ empfohlen hatte“, bemängelt AFP-Co-Geschäftsleiter Max Mader. Die Möglichkeit einer gütlichen Einigung am Verhandlungstisch könne die Ministerien im Herkunftsland schwächen, befürchtet Mader. Zudem schaffe sie Raum für Verzögerungstaktiken der Täter. Alliance Sud-Finanzexperte Mark Herkenrath nennt als Beispiel den Fall des früheren Diktators in Nigeria, Sani Abacha: Dessen Clan hatte das Verfahren lange hinausgezögert und ließ am Ende eine Einigung mit der Regierung Nigerias platzen. Dass die Schweiz mit Potentaten-Clans Deals aushandele, sei nicht nur ethisch verwerflich, sondern auch politisch nicht klug, befinden Fachleute.

Zudem verzichtet das Gesetz nicht wie von den NGOs gefordert auf ein Rechtshilfebegehren des Herkunftslandes: „Solange ein Potentaten-Clan Einfluss auf die jeweilige Regierung und das Justizsystem hat, kann er ein offizielles Rechtshilfebegehren verhindern“, kritisiert Herkenrath. Hier widerspreche das Gesetz seinem eigentlichen Zweck. Laut Max Mader von Aktion Finanzplatz Schweiz fehlen zudem klare Bestimmungen über die transparente und demokratische Verwendung zurückgeführter Gelder. Beides habe die NGO-Koalition aufgrund ihrer Erfahrungen vor Ort dem Gesetzgeber dringend empfohlen.

erschienen in Ausgabe 10 / 2010: Artenvielfalt: Vom Wert der Natur
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