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brendan Hoffman / Laif
Die Zivilgesellschaft ist gefragt: In der von ukrainischen Soldaten kontrollierten Kleinstadt Marjinka in der Ostukraine verteilen Freiwil­lige Brot an die Bewohner.
Städtepartnerschaft Ukraine
Seit dem Ausbruch der russisch-ukrainischen Krise bauen deutsche Kommunen ihre Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden in der Ukraine aus. Das soll dort die Zivilgesellschaft und die nach Westen orientierten politischen Kräfte stärken.

Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Ukraine reicht bis in die 1960er Jahre zurück. Die älteste Städteverbindung besteht seit 1961: die Partnerschaft zwischen Leipzig und Kiew. Die meisten Kontakte von westdeutschen Städten in die Ukraine wurden hingegen erst in den 1980er Jahren geknüpft, vor allem nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986. Heute gibt es 41 offizielle Städteverbindungen, darunter Regensburg-Odessa, München-Kiew, Freiburg-Lwiw (Lemberg) und Nürnberg-Charkiw.

Die Beziehung von Nürnberg zu Charkiw in der Ost-Ukraine ist besonders lebendig. Im Jahr 1990 begründet, spielte die Aufarbeitung der Vergangenheit, vor allem des Zweiten Weltkriegs, in den Anfangsjahren eine zentrale Rolle; durch Begegnung und Austausch sollten neue Brücken der Verständigung entstehen. Mit den Jahren haben sich weitere Kooperationen im Bereich Gesundheit, Hilfen für behinderte und alte Menschen, Jugendaustausch und Schulpartnerschaften entwickelt. Der Verein Ökumenische Partnerschaft Nürnberg-Charkiw betreibt ein ambulantes Hospiz. Im 1995 gegründeten Nürnberger Haus gibt es neben einem Kulturprogramm auch Veranstaltungen zu aktuellen politischen Themen.

Diese Projekte seien möglich, obwohl der Bürgermeister von Charkiw nicht zu den Reformkräften in der Ukraine gehört, sagt Peter Hilkes vom Netzwerk ForumNetUkraine. Er halte die Förderung der zivilgesellschaftlichen Kräfte für sehr wichtig. Von den zentralstaatlichen Stellen in der Ukraine gehe dagegen nur wenig Reformeifer aus.

München und Kiew kooperieren in der Aids-Prävention

Einen anderen Schwerpunkt verfolgt München mit seiner Partnerstadt Kiew. Hier geht es um HIV-Prävention und die Vernetzung städtischer und zivilgesellschaftlicher Akteure, unterstützt von der Münchner Aidshilfe. Zwischen Aktivisten aus beiden Städten aus der Gruppe der Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen sind starke Verbindungen entstanden. Das Thema ist angesichts einer der höchsten Raten an HIV-Infektionen in Osteuropa besonders drängend.

Aber nicht alle Partnerschaften sind so aktiv. Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) soll seit 2014 im Auftrag des Entwicklungsministeriums (BMZ) die deutsch-ukrainischen Kommunalbeziehungen weiter stärken. Das soll den nach Europa orientierten politischen Kräften Rückenwind geben und die Dezentralisierung auf kommunaler Ebene unterstützen. Dafür hat die SKEW ein Förderprogramm  aufgelegt. Nach der Verfassungsreform vom August 2015 gibt es bereits erste Schritte in Richtung Dezentralisierung. Kommunen haben mehr Spielraum und erhalten feste Budgets von der Zentrale, die sie selbst verwalten dürfen.

In den Kommunalverwaltungen von Kiew etwa hat es einige Fortschritte in Richtung mehr Transparenz und Bürgernähe gegeben, und die Zivilgesellschaft der Stadt wird lebendiger. „Die zentrale Kommandowirtschaft wird nun auch in den Hierarchien der ukrainischen Verwaltungen zum Auslaufmodell“, sagt Michael Hamalij von der SKEW. Deutsche Kommunen könnten ihre Partner bei der Reform ihrer Verwaltungen unterstützen; das Interesse an Partnerschaften mit deutschen Städten sei sehr groß.

Aktivitäten auf der Krim ­werden nicht unterstützt

Nach einem Runden Tisch für die deutschen Kommunen mit Partnerstädten in der Ukraine in Leipzig im vergangenen Dezember und einem weiteren Vernetzungstreffen für die Kommunen in der Ukraine ist für Dezember 2016 eine internationale Partnerschaftskonferenz für alle beteiligten Städte in der Ukraine geplant.

Nicht unterstützt werden Vorhaben auf der von Russland annektierten Krim und in der besetzten Stadt Donezk. Die offizielle Zusammenarbeit von drei deutschen Städten mit Kommunen auf der Krim und die Partnerschaft von Bochum mit Donezk wurden ausgesetzt. Aber es gibt nach wie vor Unterstützung aus der Zivilgesellschaft. Der Partnerschaftsverein Bochum-Donezk bringt Sachspenden an Flüchtlinge außerhalb von Donezk und unterstützt ein Kinderkrankenhaus in der Stadt. Derzeit müssen rund 2,5 Millionen Binnenflüchtlinge versorgt werden. In der Krisensituation stärkt zivilgesellschaftliches Engagement die Rolle nichtstaatlicher Organisationen gegenüber dem Staat.

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erschienen in Ausgabe 4 / 2016: Entwicklungsbanken: Geld mit Nebenwirkungen
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