Wer zahlt wie viel?

Anpassung an Klimawandel
Die Industrieländer haben sich verpflichtet, ab 2020 gemeinsam 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für die Anpassung an den Klimaschutz in Entwicklungsländern zu investieren. Die Schweiz, Deutschland und Österreich wollen die Ausgaben teilweise als Entwicklungshife anrechnen.

Schweiz: 450 bis 600 Millionen

Die Schweizer Regierung hat Mitte Mai den lange erwarteten Bericht zur internationalen Klimafinanzierung vorgelegt. Die Arbeitsgemeinschaft von sechs großen Schweizer Hilfswerken (Alliance Sud) hatte darauf gehofft, dass der Bundesrat neue Finanzierungsquellen für den Klimaschutz aufzeigen würde. Die Erwartungen wurden enttäuscht: „Statt verursachergerechte Ansätze für die Mobilisierung neuer Mittel zu prüfen, greift der Bundesrat mehr und mehr in die schrumpfende Kasse der Entwicklungszusammenarbeit“, kritisiert Klimaexperte Jürg Staudenmann und sieht gar einen Rückschritt: „Vor fünf Jahren waren wir weiter als jetzt.“

Bereits 2011 hatte die Regierung untersuchen lassen, wie die Schweiz die Mittel für die Klimafinanzierung aufbringen und dabei die Verursacher beteiligen könnte. Dazu zählen etwa eine Erhöhung der Steuer auf Mineralöl, eine Abgabe auf fossile Treibstoffe oder eine Zweckbindung der bestehenden CO2-Abgabe. Von diesen Optionen will der Bundesrat inzwischen nichts mehr wissen. Er hält sie für „kaum realisierbar“, weil dafür Verfassungsänderungen nötig wären, wie es im neuen Bericht heißt.

Die Regierung sieht es als gerechtfertigt an, Klimaschutzmaßnahmen aus Entwicklungsgeldern zu finanzieren. Klimaschutz und Armutsbekämpfung seien eng miteinander verknüpft und beeinflussten sich wechselseitig, argumentiert sie. Für eine Erhöhung der Entwicklungshilfe sieht sie angesichts des Spardrucks derzeit jedoch keine politische Mehrheit im Parlament.

Fest steht, dass der Klima-Anteil am Entwicklungshilfebudget stark wächst – von rund drei Prozent im Jahr 2009 auf mehr als acht Prozent im Jahr 2014, als der Anteil rund 300 Millionen Dollar erreichte. Die Hilfswerke befürchten, dass diese Umlagerung zulasten der Armutsbekämpfung geht, wenn weniger Geld in Bildungs- und Gesundheitsprojekte fließt. Alliance Sud fordert deshalb seit längerem, dass die Mittel dort abgeschöpft werden, wo die C02-Emissionen entstehen: zum Beispiel durch eine Kompensationsabgabe auf Flugreisen.

Die Hilfswerke kritisieren zudem, dass der Bundesrat die Höhe des Schweizer Beitrags an der internationalen Klimafinanzierung „kleinredet“. Alliance Sud geht aufgrund der Wirtschaftskraft der Schweiz von rund einer Milliarde US-Dollar aus – fast doppelt so viel, wie der Bundesrat errechnet hat. Dieser macht geltend, dass die Schweiz relativ wenige Treib­hausgasemissionen verursache. Der Beitrag der Schweiz richte sich somit danach, wie stark das Verursacherprinzip im Verhältnis zur Wirtschaftskraft gewichtet werde – ob zu 75 Prozent (dann läge der Beitrag bei 450 Millionen Dollar) oder nur zu 50 Prozent (dann wären es 600 Millionen Dollar). Im Pariser Klimaabkommen wurde kein Zahlungsrahmen festgelegt. Die Industrieländer sind lediglich dazu aufgefordert, ihren „fairen Anteil“ selbst zu bestimmen.

Deutschland: Sieben Milliarden

Deutschland hat 2015 insgesamt mehr als sieben Milliarden Euro zur internationalen Klimafinanzierung beigetragen. Davon stammten 2,68 Milliarden Euro aus dem Haushalt der Ministerien für Entwicklungszusammenarbeit und Umwelt. Die KfW Entwicklungsbank und die Entwicklungsgesellschaft DEG mobilisierten weitere 4,7 Milliarden Euro an „klimarelevanten Entwicklungskrediten“. Gut die Hälfte der Mittel floss in die Vermeidung von Treibhausgasemissionen, also den Ausbau erneuerbarer Energien und in die Energieeffizienz. Das übrige floss in die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels in Entwicklungsländern.

Wie andere reiche Industrienationen unterstreicht Deutschland, dass öffentliche Mittel nicht ausreichen werden, um die Zusage zu erfüllen, bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und Anpassung in den Ländern des Südens zu leisten. Das Ziel sei nur unter Einbezug auch privater und innovativer Geldquellen zu erreichen.

Bisherige Ansätze, solche innovativen Quellen zu erschließen – etwa durch Erlöse aus dem Emissionshandel oder aus einer Finanztransaktionssteuer –, zünden jedoch nicht. Wegen des Preisverfalls konnten versteigerte CO2-Zertifikate weder die Internationale Klimainitiative (IKI) des Umweltministeriums noch das für die Energiewende eingerichtete Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ ausreichend speisen. Bei der auf EU-Ebene immer wieder verzögerten Finanztransaktionssteuer bleibt fraglich, inwieweit Erlöse überhaupt für Entwicklung und Klimaschutz abgezweigt werden könnten.

Die Debatte dreht sich daher zunehmend um die Mobilisierung privater Finanzierung für Klimavorhaben. Günstige öffentliche Kredite oder Kreditgarantien sollen Risiken für private Investoren verringern. Unter bestimmten Bedingungen können solche Instrumente als Entwicklungshilfe verbucht werden. Mit „innovativen Förderansätzen“ will die KfW nach eigenen Angaben auch die geplante Zusammenarbeit des Green Climate Fund der Vereinten Nationen mit dem Privatsektor unterstützen. Zu solchen Ansätzen gehören auch Klimarisikoversicherungen.

Österreich: 40 Millionen jährlich

Österreich hat sich verpflichtet, Maßnahmen zum Klimaschutz in Entwicklungsländern mit jährlich 40 Millionen Euro zu fördern; der Beitrag soll kontinuierlich gesteigert werden. Annelies Vilim, die Geschäftsführerin der entwicklungspolitischen Dachorganisation Globale Verantwortung, findet es in Ordnung, wenn solche Maßnahmen, soweit entwicklungspolitisch relevant, in die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) eingerechnet werden. Die Ausgaben dürften allerdings nicht doppelt gerechnet werden, einmal als ODA, einmal als Klimaschutz. (rld)

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erschienen in Ausgabe 7 / 2017: Die Wüste lebt
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