Falsche Erwartungen

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Evaluierung weltwärts
Mit dem „Süd-Nord-Austausch“ von weltwärts können junge Menschen aus Entwicklungsländern einen Freiwilligendienst in Deutschland absolvieren. Ein Evaluierungsbericht zweifelt am entwicklungspolitischen Nutzen des Programms.

Es war eine alte Forderung der Zivilgesellschaft, die das Entwicklungsministerium (BMZ) 2013 mit dem „Süd-Nord-Austausch“ unter dem Dach von weltwärts einlöste: Nicht nur junge Deutsche sollten die Gelegenheit haben, für ein Jahr Erfahrungen in einem anderen Land zu sammeln, sondern auch junge Menschen aus den Partnerländern. Das Angebot wurde gut angenommen: Über 800 Freiwillige kamen in den vergangen vier Jahren nach Deutschland, unter anderem aus Mexiko, Tansania, Ecuador, Indien und Südafrika.

Welche Schwächen das Programm hat und was besser laufen könnte, hat das Beratungsunternehmen Syspons im Auftrag des BMZ untersucht und dafür Interviews mit Freiwilligen und den beteiligten Organisationen im In- und Ausland geführt. Ergebnis: Der Austausch kommt bei allen Beteiligten gut an, erfüllt aber bislang kaum den Anspruch, entwicklungspolitische Wirkung zu entfalten.

Ein Grund dafür ist die Auswahl der Einsatzplätze: Nur wenige Freiwillige beschäftigen sich während ihres Aufenthalts mit globalen Fragen oder entwicklungspolitischen Themen. Die meisten Teilnehmer leisten ihren Dienst im sozialen Bereich, etwa in der Altenpflege oder in Kindergärten. Um sein Profil zu schärfen, müsse sich weltwärts stärker von anderen Freiwilligendiensten abgrenzen, die ebenfalls Plätze für ausländische Teilnehmer anbieten, heißt es in dem Evaluierungsbericht.

Die Freiwilligen sind zufrieden

Auch bei der Suche nach der passenden Zielgruppe tut sich das Programm offenbar schwer. So haben dem Bericht zufolge viele Freiwillige bereits studiert oder eine höhere Ausbildung durchlaufen und unterbrechen ihre Berufslaufbahn für einen Aufenthalt in Deutschland. Ihre Erwartung, sich dort fachlich weiterzubilden, könne das weltwärts-Programm in seiner jetzigen Form meist nicht erfüllen. Viele Teilnehmer fühlten sich deshalb von den einfachen „Helfertätigkeiten“ unterfordert. Als Lösung schlagen die Autoren vor, entweder eine andere Zielgruppe anzusprechen, die Einsatzstellen besser mit den Anforderungen der Bewerber abzugleichen oder stärker in das „Erwartungsmanagement“ der Zielgruppe zu investieren – also klarer zu kommunizieren, was die Freiwilligen in Deutschland erwartet.  

Die Freiwilligen selbst sind dem Bericht zufolge trotz allem überwiegend zufrieden mit ihrer Erfahrung. Der Aufenthalt stärke das Selbstvertrauen und die Empathie der Teilnehmer und trage durch den Austausch zum globalen Lernen bei, heißt es dazu im Bericht. Das bedeutet aber nicht, dass sich die Freiwilligen nach ihrer Rückkehr in ihre Heimatländer dort mehr für soziale und politische Belange engagieren. Das nämlich tun die jungen Menschen aus dem Süden in der Regel schon bevor sie überhaupt nach Deutschland reisen dürfen.

Das BMZ weist in einer Stellungnahme zu der Evaluierung auf den informellen Charakter des Austausches hin, dessen entwicklungspolitische Wirkung nicht direkt messbar sei. Gleichwohl will das Ministerium die Empfehlungen des Evaluierungsberichts beim weiteren Ausbau des Süd-Nord- Austausches beachten. Die Pilotphase läuft noch bis 2019. Ab dann sollen jährlich bis zu 800 Freiwillige nach Deutschland kommen können.

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erschienen in Ausgabe 11 / 2017: Süd-Süd-Beziehungen: Manchmal beste Freunde
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