Private Schulen in Geldnot

Libanon
Libanons Lehrer sollen künftig deutlich mehr Gehalt bekommen. Privatschulen bringt das an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Mit einem dringenden Appell haben sich nun die katholischen Schulen an den Staat gewandt. Der hat allerdings selbst Mühe mit dem neuen Gesetz.

In einem Punkt sind sich Libanons Parteien einig: Bildung ist für die Zukunft einer Gesellschaft wichtig. Entsprechend hat im Sommer ein Gesetz im Parlament eine Mehrheit gefunden, das eine Gehaltserhöhung für Lehrer um 30 Prozent rückwirkend für die letzten zwei Jahre vorsieht. Auch Kirchenvertreter wie der maronitische Patriarch Béchara Raï hatten sich dafür ausgesprochen, dass Lehrer besser bezahlt werden. Aber offenbar hatte kaum einer wirklich durchgerechnet, wie teuer das neue Gesetz werden würde und wer für die Kosten am Ende aufkommt. Das große Rechnen hat nun nicht nur auf staatlicher Seite, sondern mehr noch auf kirchlicher Seite begonnen. Denn von den rund eine Million libanesischen Schülerinnen und Schülern gehen zwei Drittel auf Privatschulen, die zum größten Teil in kirchlicher Trägerschaft sind. Nur wer sich das hohe Schulgeld an Privatschulen nicht leisten kann, schickt seine Kinder auf die wesentlich schlechteren, dafür aber kostenfreien öffentlichen Schulen.

Während der Staat die höheren Lehrergehälter – zumindest theoretisch – einfach aus Steuern finanzieren kann, müssen die Privatschulen schauen, woher sie das Geld bekommen. Das Schulgeld zu erhöhen, wollen und können viele Eltern nicht mittragen; es ist jetzt schon im Budget vieler Familien einer der größten Posten.

Deshalb hat sich die maronitische Kirche, die die meisten Privatschulen trägt, zu einer argumentativen Kehrtwende entschlossen: Mitte September hat sie sich mit einer Petition ans Parlament gewendet, das Gesetz bitte noch einmal zu prüfen und über eine teilweise Kostenübernahme der Gehälter von Lehrern an Privatschulen nachzudenken. Nur mit staatlicher Unterstützung könne eine finanzielle Krise der katholischen Schulen mit schwerwiegenden Folgen für das gesamte Bildungswesen verhindert werden, erklärten die Bischöfe. Man sei nicht dagegen, dass Lehrer höhere Gehälter bekämen, es müsse aber verhindert werden, dass dies auf dem Rücken der Familien ausgetragen werde.
Spenden lassen sich nicht ­kurzfristig erhöhen

Am schlimmsten trifft das Gesetz die christlichen Schulen, die aus einem karitativen Anspruch heraus Kindern aus armen Familien eine gute Bildung bieten, wie etwa die Johann-Ludwig-Schneller-Schule in der Bekaa-Ebene. Die Internatsschule, die aus der deutschen Missionsarbeit hervorgegangen, längst aber in libanesischer Trägerschaft ist, erzielt nur 14 Prozent ihres Gesamtbudgets aus dem Schulgeld der Eltern. Der Rest wird über Spenden aus dem Ausland finanziert. Und die lassen sich kurzfristig nicht schnell erhöhen. Die Schule hat deshalb zahlreiche Lehrer entlassen und ihr Unterrichtsangebot stark zurückgefahren. Die Internatskinder der siebten, achten und neunten Klassen gehen nun an eine staatliche Schule in der Umgebung.

Doch auch der libanesische Staat hat Mühe, das neue Gesetz umzusetzen. Bisher hat noch kein Lehrer an einer staatlichen Schule mehr Geld bekommen, weshalb Ende September Tausende für einige Tage in einen Warnstreik getreten sind. So einfach, wie sich einige Parlamentarier den Griff in den Steuertopf vorgestellt haben, ist die Sache offenbar nicht. Vorschläge für Steuererhöhungen zur Finanzierung der neuen Lehrergehälter waren zuletzt alle vom Verfassungsgericht zurückgewiesen worden.

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erschienen in Ausgabe 11 / 2017: Süd-Süd-Beziehungen: Manchmal beste Freunde
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