Keine Gefahr für die Zivilgesellschaft

Nützt der Trend zu direkten Haushaltshilfen für Entwicklungsländer (Budgethilfe) den nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) oder schwächt er ihre Rolle? Während viele Hilfsorganisationen ihre bisherige „klassische" Projektarbeit in Gefahr sehen, heben die Befürworter von Budgethilfe die Stärkung von Demokratie und Zivilgesellschaft in den Empfängerländern hervor. Darunter nicht zuletzt die Kirchen.

„Es gibt einen gewissen Konservatismus bei den Nichtregierungsorganisationen", sagt Reinhard Hermle, der heute Berater von Oxfam ist und lange Leiter der Abteilung Entwicklungspolitik beim Bischöflichen Hilfswerk Misereor war. Dabei gehe Budgethilfe gar nicht zwangsläufig an der Zivilgesellschaft vorbei.

Das betonten auch Vertreter von NGOs aus Sambia, Ghana und Mosambik auf einer Tagung der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) in Berlin: Parlamente und Zivilgesellschaften hätten die Rolle, über eine transparente und armutsorientierte Verwendung der Hilfe zu wachen. Und nicht selten seien es gerade NGO-Vertreter, die dafür sorgten - eine Zuversicht, die den CDU/CSU-Entwicklungspolitiker Peter Weiß dazu veranlasste, an die Rolle gewählter Volksvertreter zu erinnern: „Parlamentarier in den Entwicklungsländern erkämpfen sich ihre Kontrollrechte zu wenig."

Tatsächlich steht und fällt der Sinn einer Ausweitung von Budgethilfe durch die Geberstaaten mit einer ordentlichen Kontrolle in den Empfängerländern. Vor allem bedarf es einer funktionierenden, fest institutionalisierten Rechnungsprüfung, um beispielsweise Korruption zu verhindern. Nicht überall ist solche Kontrolle so vorbildlich, wie das auf einer Berliner Veranstaltung der Kfw-Entwicklungsbank die Vorsitzende des Haushaltsausschusses des ruandischen Parlaments, Constance Rwaka, für ihr Land in Anspruch nahm.

Skepsis bleibt also geboten. Dass Budgethilfe Demokratie und Zivilgesellschaft fördern kann, ist indessen immer weniger umstritten. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit setze Budgethilfe zudem äußerst behutsam ein, betont Karin Kortmann, Staatssekretärin im Entwicklungsministerium. Und vom Volumen der gesamten bilateralen Hilfe macht sie nur einen Bruchteil aus. Für klassische Projektarbeit bleibt also weiterhin viel Raum. Und mithin auch für die Arbeit von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen auf diesem Feld.

Johannes Schradi

 

 

 

erschienen in Ausgabe 4 / 2009: Alte Menschen: Zu wenig geachtet
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