Die Forscher im Senegal

SEYLLOU/AFP via Getty Images

Forschen am Coronvirus: Eine Laborantin des Institut Pasteur in Dakar.

Coronavirus
Die Fachleute vom Institut Pasteur in Dakar unterstützen afrikanische Länder im Umgang mit dem Coronavirus. Demnächst will das Institut einen neuen Schnelltest auf den Markt bringen.

Es ist seit zwei Monaten das gleich Ritual: Jeden Morgen pünktlich um zehn Uhr verkündet das Ministerium für Gesundheit und Soziales im Senegal bei einer Pressekonferenz die neuen Corona-Infektionszahlen. Die Personen, die dabei das Wort ergreifen, sind inzwischen im ganzen Land bekannt. Unter ihnen ist der Arzt Amadou Alpha Sall, Leiter des Instituts Pasteur Dakar (IPD) in Senegals Hauptstadt.

Das Institut spielt eine entscheidende Rolle Im Kampf gegen das Virus im Senegal und darüber hinaus. Benannt ist die Einrichtung nach Louis Pasteur, einem französischen Chemiker, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Impfstoff gegen Tollwut entwickelt hat. 1896 wurde das IPD als Zweigstelle des in Paris sitzenden Institut Pasteur gegründet. Heute ist es eine gemeinnützige Stiftung, getragen vom senegalesischen Staat und dem Pariser Partnerinstitut. Rund 300 Menschen arbeiten am IPD, die meisten sind Wissenschaftler, darunter Virologen, Epidemiologen, Biostatistiker und Bioinformatiker. Fast alle kommen aus dem Senegal.

Bekannt ist das IPD, weil es seit über 80 Jahren den Impfstoff gegen Gelbfieber produziert und damit unter anderem das UN-Kinderhilfswerk Unicef für dessen Impfkampagnen in Afrika beliefert. Derzeit bereitet sich das IPD darauf vor, einen möglichen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus vor Ort herzustellen. „Wenn man den internationalen Wettbewerb um den Zugang zu Coronatests sieht, kann man sich vorstellen, wie es mit einem Impfstoff sein wird. Es ist wichtig, dass wir uns rechtzeitig darauf vorbereiten, unter welchen Bedingungen wir den Impfstoff, sobald er vorhanden ist, in Afrika produzieren und vertreiben können“, sagt Sall.

Jeder Infizierte wird im Krankenhaus behandelt

Der Senegal hat das Coronavirus bislang gut in den Griff bekommen – auch dank der Expertise der Epidemiologen des IDP. Die Regierung ließ frühzeitig die Grenze schließen und machte Schulen und Universitäten dicht. Mitte März wurde eine nächtliche Ausgangssperre verhängt und Versammlungen und der Verkehr zwischen den Regionen des Landes untersagt. Um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern, wurde ein Ernährungsprogramm für Bedürftige ins Leben gerufen.  

Amadou Alpha Sall, Leiter des Instituts Pasteur Dakar (IPD).
In Senegal wird jeder mit Covid-19 Infizierte im Krankenhaus behandelt, selbst Kleinkinder werden stationär aufgenommen, um sie zuverlässig zu isolieren. Weil inzwischen die Betten in den Krankenhäusern knapp werden, sollen Gebäude der Armee und Flughafenhallen zu Krankenstationen umgebaut werden. Kontaktperson werden in eine strikte Quarantäne zu Hause oder auf Staatskosten in Hotels geschickt. Die Behörden versuchen, alle Infektionsketten nachzuverfolgen.

Offiziell hat das westafrikanische Land bislang elf Covid-19-Todesfälle registriert (Stand 4. Mai). Die Zahl der Infizierten liegt bei knapp 1300, rund 5000 Menschen sind in Quarantäne. Für die Test ist das IPD verantwortlich, das schrittweise seine Kapazitäten ausgebaut hat. Bis zu tausend Tests können in Dakar sowie mithilfe mobiler Labore in Kolda und Touba im Süden und Norden des Landes pro Tag durchgeführt werden.

Ein Corona-Test in 20 Minuten

Demnächst sollen noch deutlich mehr Tests möglich sein. Dafür arbeitet das IPD an der Entwicklung eines neuen Schnelltest-Sets. Derzeit dauert es mehrere Stunden, bis bei Corona-Tests ein Ergebnis vorliegt, weil die Proben erst in einem Labor untersucht werden müssen. Der Schnelltest soll eine Laboruntersuchung überflüssig machen und innerhalb von 10 bis 20 Minuten anzeigen, ob eine Person mit Covid-19 infiziert ist. Und er soll weniger als einen Dollar kosten und damit um ein Vielfaches günstiger sein als das bisherige Verfahren.

Autorin

Odile Jolys

ist freie Journalistin in Dakar, Senegal, und berichtet aus Westafrika, unter anderem für den Evangelischen Pressedienst und „Neues Deutschland“.
Bei der Entwicklung des Tests kann sich das Institut auf seine 2018 gegründete Plattform Diatropix stützten. Diese arbeitet an der Entwicklung und Anpassung von Tests für in Afrika verbreitete Krankheiten wie Ebola, Masern oder Gelbfieber. Beteiligt sind weitere Forschungsinstitute und Partner aus der Industrie wie das britische Biotechunternehmen Mologic. Das Geld für die Entwicklung des Schnelltests für Covid-19 kommt von der britischen Entwicklungsagentur DfID.

Das neue Testkit soll neben dem Diagnosetest auch einen Antikörpertest enthalten, der eine durchlebte Infektion nachweist. „Im Juni sollten wir soweit sein. Zurzeit durchlaufen die Prototypen die Gültigkeitsprüfung“, erklärt Institutsleiter Sall. „Wir wollen höchste Qualität und einen akzeptablen Preis für Afrika. Beides können wir.“

Erfahrungen aus der Arbei mit dem Zika-Virus

Der Bedarf an einfachen und günstigen Corona-Tests ist groß – gerade in vielen Ländern Afrikas mangelt es an der nötigen Ausrüstung. „Zu Beginn der Pandemie hatten nur Südafrika und der Senegal Testkapazitäten. Wir haben inzwischen Labore in 25 afrikanischen Ländern in der Durchführung der Tests geschult“, erklärt Sall. Als Referenzlabor der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Afrikanische Union in Afrika übernimmt das IPD die Sequenzierung des SARS-CoV-2-Virus in Afrika.

Erfahrungen im Umgang mit Pandemien haben die Fachleute vom IPD während der Ebola-Krise ab 2014 gesammelt. „Die Ebola-Epidemie hat die afrikanischen Staaten gelehrt, sich vorzubereiten, lokal Kompetenzen aufzubauen und über Ländergrenzen hinweg zusammenzuarbeiten“, sagt Sall. Vor allem die Beteiligung lokaler Gemeinschaften habe sich bewährt. „Die technischen Lösungen nützen nichts, wenn man den Menschen nicht zuhört.“

Der Leiter des Instituts bringt viel internationale Erfahrung mit. Sall hat an Eliteuniversitäten in den USA und England promoviert und in Kambodscha geforscht. 2017 war er für das IPD in Brasilien, um dort mitzuhelfen, die Ausbreitung des Zika-Virus einzudämmen. „Als wir in Brasilien ankamen, war der Bundesstaat Sao Paulo nicht in der Lage, die Menschen auf das Virus zu testen. Wir haben geholfen. Danach fragte uns Mexiko um Hilfe an“, erzählt Sall. „Wir hatten uns zuvor schon mit dem Zika-Virus beschäftigt, weil wir bemerkt hatten, dass es regelmäßig im Senegal ausbricht. Als das Zika-Virus plötzlich weltweit auftauchte, waren wir zu Beginn eines von zwei Instituten in der Welt, die in der Lage waren, das zu diagnostizieren.“ Salls Lektion dieser Geschichte: „Wenn wir an lokalen Problemen arbeiten, können wir auch globale Lösungen anbieten.“

Mehr Berichte zu den Auswirkungen der Pandemie in verschiedenen Ländern finden Sie in unserem Corona-Dossier

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