Mit Partnerschaften für die Energiewende – Just Energy Transition Partnerships, kurz JETP – wollen Geberländer, darunter Deutschland, Entwicklungsländern helfen, mehr Energie mit weniger Emissionen zu erzeugen. Das erste Partnerland dafür war Südafrika. Doch diese Partnerschaft stand vergangenes Jahr auf der Kippe: Die Regierung Südafrikas wollte den Kohleausstieg teilweise verzögern. Hinzu kam, dass die neue Regierung Trump Zusagen für JETP über 1,5 Milliarden US-Dollar zurückgezogen hat.
Nun erhält der Prozess neuen Rückenwind: Deutschland gibt Kredite über 500 Millionen Euro frei, hat Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan am Rande eines G20-Treffens in Südafrika verkündet. Zuvor hatte die EU 4,7 Milliarden Euro Investitionen aus der Initiative Global Gateway für dieses JETP in Aussicht gestellt.
Die Partnerschaft mit Südafrika haben die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und die EU auf dem UN-Klimagipfel in Glasgow 2021 gegründet; sie gilt als Vorzeigeprojekt, wie Energiewenden im globalen Süden von Industriestaaten politisch und finanziell begleitet werden können. Südafrikas Strom stammt zu 80 Prozent aus Kohle. Die Regierung in Pretoria will bis 2035 mehr als die Hälfte der maroden Kraftwerke im Land stilllegen. Mit Klimahilfen von 8,5 Milliarden US-Dollar in Form von Zuschüssen, Krediten und Investitionen internationaler Partner sollen grüner Strom über neue Netze verfügbar gemacht und der staatliche Stromkonzern Eskom saniert werden – sozial flankiert, daher das Just im Namen des JETP.
Nutzen kommt nicht bei der Bevölkerung an
Gerade hier hakt es aber laut einer neuen Analyse der Universität Kapstadt. In ihrem Papier würdigt Britta Rennkamp Fortschritte vor allem beim Ausbau erneuerbarer Energien; es seien Strukturen und Gremien für Planungen und Absprachen entstanden, die auch Schwellenländer und private Investoren lockten, so dass die Energiesicherheit gestiegen sei. Und internationale Beobachtung führe zu mehr Rechenschaftslegung für das Programm und helfe, zum Beispiel die Kohlelobby im Zaum zu halten. Allerdings sei die Bevölkerung unzufrieden darüber, dass der Nutzen nicht auch dort ankomme, wo Energiearmut und soziale Ungleichheit am größten seien.
Fortschritte, so die Forscherin, sollten nicht nur an ausgegebenen Euro gemessen werden, sondern auch an der Schaffung von Arbeitsplätzen, dem Zugang zu sauberer und erschwinglicher Elektrizität und der Verbesserungen der Lebensbedingungen. Auch seien Veränderungen so umzusetzen, „dass sie von künftigen Regierungen nur schwer rückgängig gemacht werden können“. Dies gelte auch für deutsche Projekte, da es im Bundestag schwieriger werden könnte, die Finanzierung sicherzustellen.
Von der Internationalen Partnergruppe, der inzwischen auch die Niederlande und Dänemark angehören, fließen bisher vor allem deutsche Mittel auch als Zuschüsse (die der anderen überwiegend als Kredite). Sie sollen beispielsweise Kommunen bei Versorgung mit öffentlichen Gütern oder der Jugendbildung unterstützen; solche Projekte sind Teil des JETP. Ein großes von Deutschland finanziertes Projekt zielt auf sozial verträgliche Stromtarife. Doch das Geld reiche nicht aus, betont Rennkamp. Und die am JETP beteiligten Entwicklungsbanken seien eher ungeeignet, den sozialen Pfeiler zu stärken. Der neue Kredit der bundeseigenen Förderbank KfW soll in die Netzinfrastruktur – bis 2032 sind in Südafrika mehr als 14.000 Kilometer neue Übertragungsleitungen geplant – und in den Markthochlauf für grünen Wasserstoff fließen.
Beteiligte sollen aus Fehlern lernen
Dass erhoffte Veränderungen ausbleiben, bestätigt Germanwatch-Experte Giovanni Pradipta, der auch JETPs mit Indonesien und Vietnam beobachtet. Zum einen werde kritisiert, dass südafrikanische Empfänger nur etwa ein Viertel der JETP-Mittel erhielten, während ausländische Ausführungsorganisationen, Unternehmen und Beraternetzwerke den Löwenanteil kassierten. Zum anderen leide die Partnerschaft unter einem Geburtsfehler, der viele Probleme erkläre: Weder sei anfangs definiert worden, was eine „sozial gerechte Transition“ beinhalte, noch seien Preisschilder vergeben oder in Pretoria Budgetlinien angelegt worden.
Pradipta fragt etwa: Was koste es, wenn ein Kraftwerk vom Netz gehe und damit verknüpfte Arbeitsplätze und Infrastrukturen kollabieren? Wie wird verlorenes Einkommen kompensiert? Welche Forderungen kämen aufgrund von Schließungen auf den hoch verschuldeten Kraftwerksbetreiber Eskom zu? Von einem Scheitern der JETP will der Germanwatch-Referent aber noch nicht reden. Es gebe für ein solches Unterfangen keine Blaupause, noch könnten alle Beteiligten aus Fehlern lernen.
Die internationalen Partner scheinen willens, es wegen möglicher Verzögerungen im Kohleausstieg nicht zum Schwur kommen zu lassen. Neben dem jüngsten deutschen Kredit und EU-Zusagen wurden nach einem Bericht der Luxembourg Times Mitte Juni auch aus dem Klimainvestitionsfonds von Weltbank und anderen Geldgebern wie der Afrikanischen Entwicklungsbank zusammen 2,6 Milliarden Dollar auf den Weg gebracht, um Südafrikas Dekarbonisierung neuen Schwung zu verleihen. Und Ministerin Alabali Radovan betont, die Netzanbindung von Solar- und Windanlagen komme auch in Südafrika tätigen deutschen Unternehmen zugute. „Die Energiepartnerschaft nützt auch Deutschlands Wirtschaft“, erklärte sie nach ihrem jüngsten Besuch in Südafrika. „Deutsche Unternehmen und Entwickler investieren bereits in den Solarausbau und südafrikanische Firmen setzen auch auf deutsche Materialien, Maschinen und Know-how. Unsere Energiepartnerschaft mit Südafrika zahlt sich damit mehrfach aus.“
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