Kein Staatsgeld mehr für „Globale Dialoge“

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Demonstrierende in Nairobi halten Plakate hoch.
AFP via Getty Images/PATRICK MEINHARDT
Als der kenianische Bildungsminister im Januar 2022 Homosexuelle aus Studierendenwohnheimen verbannen wollte, stieß das in Nairobi auf lautstarke Proteste. Über solche und andere Aktivitäten berichteten bislang die „Globalen Dialoge“.
Österreich
Die entwicklungspolitische Sendung „Globale Dialoge“ wird zwanzig Jahre alt und kämpft im Jubiläumsjahr ums Überleben, weil ihr die Förderungen gestrichen worden ist.

Die entwicklungspolitische und feministische Radiosendung „Globale Dialoge“  begeht Ende September ihr 20-jähriges Jubiläum. Doch statt ausschließlich zu feiern, blickt das Team mit Sorge in die Zukunft. Denn die langjährige Förderung von der staatlichen Entwicklungsagentur Austrian Development Agency (ADA) ist ausgelaufen, und eine Zusage für eine Anschlussförderung wurde aufgrund von Budgetkürzungen zurückgezogen. Für die kleine, aber mehrfach ausgezeichnete Sendereihe könnte das das Ende bedeuten.

Seit 2005 berichten die „Globalen Dialoge“ Woche für Woche über internationale Frauenbewegungen, queeren Aktivismus, entwicklungspolitische Themen und globale Machtverhältnisse auf Radio Orange 94.0, Wiens freiem Radio. Das inhaltliche Spektrum reicht von globaler Klimagerechtigkeit über feministische Ökonomie bis hin zu den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs). „Wir dokumentieren Frauengeschichte, wir zeigen Handlungsspielräume auf, wir sensibilisieren. Wenn das verschwindet, verliert die Gesellschaft einen wichtigen Ort der Auseinandersetzung“, warnt Projektkoordinatorin Tania Napravnik. 

Expertinnen aus dem Süden 

Die Radiomacherinnen holen regelmäßig Stimmen aus dem globalen Süden ins österreichische Programm: Frauen, die Friedensinitiativen leiten, Wissenschaftlerinnen, die an Lösungen für globale Probleme arbeiten, und Aktivistinnen, die patriarchale Strukturen in Frage stellen. „Es geht darum, nicht nur über Frauen zu berichten, sondern sie selbst als Expertinnen, Aktivistinnen und Gestalterinnen ihrer Gesellschaft zu Wort kommen zu lassen“, so Napravnik. 

Seit Beginn der Sendereihe sind 848 Beiträge entstanden. Sie werden nicht nur in Wien ausgestrahlt, sondern auch von freien Radios in den Bundesländern sowie gelegentlich in Deutschland und der Schweiz ausgestrahlt und online übernommen. Zusammen kommen sie auf über 1,19 Millionen Online-Aufrufe, ein beachtlicher Wert für eine vorwiegend ehrenamtlich getragene Sendereihe.

Produziert wird sie von Women on Air, einem feministischen Radiokollektiv. Es bildet auch Nachwuchstalente aus und bietet ein Lern- und Experimentierfeld für Frauen, die sich für Entwicklungspolitik interessieren und Radioarbeit ausprobieren möchten. Viele der ehemaligen Mentees sind heute in der Politik, den Medien oder NGOs zu finden. 

Absage trotz Auszeichnung

Über die vergangenen 19 Jahre wurde das Projekt von der ADA gefördert – zuletzt mit 44.000 Euro für die Jahre 2023 und 2024. Für 2025 bis 2026 waren 50.000 Euro unverbindlich zugesagt. Doch im Juni 2025, nach dem Haushaltsbeschluss im österreichischen Nationalrat mit erheblichen Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit, kam die endgültige Absage.

Die ADA selbst lobt die Sendereihe, die mehrfach mit Radio- und Medienpreisen in Österreich und Deutschland ausgezeichnet worden sei. Gleichzeitig erklärt sie: „Im Juni 2025 musste die Auswahl der Förderprojekte an die verfügbaren Budgetmittel angepasst werden.“ Man habe sich dabei an die Empfehlungen einer externen Kommission gehalten. Die ADA betont außerdem, dass in Aussicht gestellte Förderungen nie einen Rechtsanspruch darauf begründen.

Für große Organisationen mögen Kürzungen verschmerzbar sein, für kleine Projekte wie die „Globalen Dialoge“ gehen sie an die Substanz. „Wir waren auf diese Förderung angewiesen. Jetzt sind die zwei bezahlten Stellen weg, und die gesamte Arbeit droht ins Ehrenamt abzuwandern“, erklärt Napravnik. Erste Auswirkungen sind spürbar: Redaktionssitzungen finden seltener statt, Zeit für die inhaltliche Weiterentwicklung fehlt. „In den letzten Monaten ging es nur noch darum, wie wir irgendwie weitermachen können“, sagt sie.

Der Fall ist auch exemplarisch für den Druck, unter dem speziell kleinere entwicklungspolitische Projekte in Österreich stehen. Darüber möchte kaum jemand öffentlich sprechen. Die entwicklungspolitische Szene ist klein, aus Informationen zu Themen oder Projekten, die von Kürzungen bedroht sind, lässt sich schnell auf die entsprechenden Organisationen schließen. Die Kürzungen seitens der ADA seien jedenfalls für einige Projekte in Österreich ein großes Problem, sagt ein Insider.

Am 30. September hat das Team der „Globalen Dialoge“ sein 20-jähriges Jubiläum gefeiert, organisiert von einem kleinen Kreis engagierter Freiwilliger. Parallel dazu wurde ein Crowdfunding eingerichtet, um den Förderstopp abzufedern.

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