Quo vadis, Entwicklungspolitik?

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Eine Helferin ordnet im März 2022 gespendete Hilfsgüter in einem Aufnahmezentrum für Ukraine-Flüchtlinge in Innsbruck. Österreich rechnet sich die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen als Entwicklungshilfe an - die als Folge des Krieges gegen die Ukraine im Jahr 2022 einen neuen Höchstwert erreicht hat.
Österreich
Als Folge von Russlands Krieg gegen die Ukraine steigt Österreichs staatliche Entwicklungshilfe, einschließlich der humanitären Hilfe. Und auch nichtstaatliche Hilfsorganisationen verzeichnen wachsende Spenden für ihre Arbeit.

Im Jahr 2022 lag die sogenannte ODA-Quote Österreichs, also der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe (Official Development Assistance, ODA) an der Wirtschaftsleistung des Landes, bei 0,39 Prozent, ein Anstieg um 0,08 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr, in dem die Quote 0,31 Prozent betrug. „Das ist für Österreich im historischen Schnitt viel“, sagt Lukas Schlögl, Senior Researcher bei der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE), mit Blick auf den neuen Spitzenwert. Im EU-Vergleich liege Österreich allerdings immer noch im Mittelfeld und deutlich hinter anderen westeuropäischen Staaten wie Luxemburg, Schweden, Norwegen oder Deutschland. Angesichts der Prognosen des Finanzministeriums  befürchte er zudem eine Trendumkehr, sagte Schlögl bei der Vorstellung des ÖFSE-Jahresberichts 2023 Ende Februar in Wien. Seit 1985 gibt die ÖFSE den Bericht „Österreichische Entwicklungspolitik“ heraus, der jährlich die österreichische Entwicklungspolitik bilanziert.

Gestiegen sind laut dem Bericht zuletzt besonders die Ausgaben für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern, die zum Teil als Entwicklungsleistungen nach OECD-Standards gemeldet werden dürfen, sowie auch die humanitäre Hilfe, letztere auf rund einhundert Millionen Euro. 2022 übertrafen zudem die Zahlungen für bilaterale Zusammenarbeit mit rund einer Milliarde Euro erstmals seit 2018 jene der multilateralen Zusammenarbeit mit 730 Millionen Euro. All dies seien Entwicklungen, die vorwiegend dem Angriffskrieg gegen die Ukraine geschuldet seien, sagte Schlögl.

Beachtlich seien auch die Entwicklungsleistungen von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen. Die ÖFSE erhebt jedes Jahr im Auftrag der staatliche Austrian Development Agency (ADA), wie viel Geld die NGOs in Entwicklungszusammenarbeit aus Eigenmitteln investieren, etwa aus Spenden oder Zuwendungen von Stiftungen. In den letzten Jahren sind diese Zuschüsse und Spenden konstant gestiegen: im Jahr 2018 waren es 145 Millionen Euro, vier Jahre später – nach vorläufigen Zahlen – bereits knapp 214 Millionen Euro. „Das ist eine erstaunlich stabile Finanzquelle für Entwicklungsfinanzierung“, sagt Schlögl. Im Vergleich zur schwankenden ODA zeigen sich die privaten Spenden als Konstante.

Die katholische KOO liegt bei den Spenden an der Spitze

Die meisten Spenden (90 Millionen Euro) erhielten 2022 die Mitgliedsorganisationen der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz (KOO), der Interessensvertretung der katholischen Entwicklungsorganisationen wie die Caritas und die Dreikönigsaktion. Dahinter reihen sich Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, das Österreichische Rote Kreuz oder SOS Kinderdorf ein. Die Fokusländer der nichtstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit waren 2022 die Ukraine, gefolgt von Uganda, Moldau, Äthiopien und Mosambik.

Auch die Geldüberweisungen von Migrantinnen und Migranten an ihre Familien in den Herkunftsländern, die sogenannten Remittances, gewinnen an Bedeutung für die österreichische Entwicklungsfinanzierung. „Remittances haben sich in Krisenzeiten als wichtige und stabile Finanzquelle für private Haushalte erwiesen“, sagt Lukas Schlögl. In Österreich betrugen sie im Jahr 2022 laut Daten der Österreichischen Nationalbank etwa eine halbe Milliarde Euro, wobei das Geld vorwiegend an Länder mittleren Einkommens geht. Die meisten Überweisungen aus Österreich gingen nach Serbien, die Türkei und Bosnien und Herzegowina.

Der Präsentation des ÖFSE-Jahresberichts in Wien folgte eine Podiumsdiskussion, in der es unter anderem um den wachsenden Einfluss großer Schwellenländer wie China, Brasilien, Indien, Indonesien und die Türkei ging. Vor allem China präge mit seinen Projekten der Neuen Seidenstraße eine andere Art der Entwicklungszusammenarbeit: Der Fokus liege auf Investitionen in Infrastruktur und nicht mehr nur auf sozialökonomischen Bereichen wie Bildung und Gesundheit. Dabei verfolge Peking den Ansatz, keinen Einfluss auf innere Angelegenheiten zu nehmen, was von Ländern des globalen Südens begrüßt werde. Das zwinge auch westliche Staaten, ihre Entwicklungszusammenarbeit zu überdenken. Österreich habe Potenzial als Brückenbauer, da es eines der wenigen neutralen Länder in Europa sei, hieß es von Teilnehmern der Diskussion. 

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