Grünschnäbel

Nicholas Negroponte reist gern durch die Welt und verteilt kleine grüne Plastikcomputer an Kinder in armen Ländern. Er freut sich, wenn die Kinder etwas damit anfangen können, und besonders freut er sich, wenn sie sich schlauer anstellen, als er es erwartet hat. Das gehört zu seinem Job als Professor am renommierten Massachusetts Institute of Technology in Boston.

Unlängst hat Professor Negroponte eine große Entdeckung gemacht. Er fand zwei Dörfer in Äthiopien, die so entlegen sein sollen (immerhin gut 100 Kilometer von der Hauptstadt Addis Abeba entfernt), dass die Kinder dort angeblich noch nie ein geschriebenes Wort gesehen haben. Also noch nicht einmal „Coca Cola“, „Toyota“ – oder „Manchester United“ auf einem Trikot aus der Altkleidersammlung.

Diesen Kindern ließ der Professor Pappkartons mit den kleinen grünen Plastikcomputern drin vor die Nase stellen. Dann wartete er mit seinen Mitarbeitern gespannt darauf, was wohl als nächstes passieren würde. Und siehe da: Die Kinder öffneten die Kartons – problemlos. Mehr noch: Sie spielten nicht etwa nur mit den Pappschachteln, so wie der Professor es erwartet hatte. Nein, sie interessierten sich ernsthaft für deren Inhalt.

Ach, man kann sich die vor Begeisterung leuchtenden Augen der versammelten Wissenschaftler in Boston richtig vorstellen. Denn welch erstaunliche Erkenntnis hat ihr ausgefeiltes Experiment erbracht: Kleine Äthiopier mögen zwar ein wenig so aussehen wie Affenbabies. Aber sie sind viel klüger! Sie stapeln nicht einfach Pappkartons aufeinander oder stülpen sie sich über den Kopf wie die Schimpansen im Zoo. Nein, sie spielen gern mit bunten Elektronikgeräten und lieben es, die Knöpfe darauf zu drücken. So wie Kinder überall auf der Welt. Danke, Professor Negroponte.

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erschienen in Ausgabe 12 / 2012: Leben mit dem Klimawandel
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