Klimaschutz mithilfe des Rechts

Klimakonferenz Glasgow
Während hochrangige Politiker derzeit in Glasgow über Klimaschutz diskutieren, setzen andere auf die Macht des Rechts. Das ist gut, denn zu lascher Klimaschutz ist nicht bloß bedauerliches Politikversagen, sondern kann anerkannte Menschenrechte verletzen.

Tillmann Elliesen ist Redakteur bei welt-sichten.
Am 9. November haben die Umweltorganisation Greenpeace und die Fridays-for-Future-Aktivistin Clara Mayer den Autokonzern VW vor dem Landgericht Braunschweig auf mehr Klimaschutz verklagt. Vor vier Wochen bereits hat der UN-Menschenrechtsrat beschlossen, einen Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Klimawandel zu berufen. Was verbindet diese Nachrichten? Beide stehen für den Trend, im Kampf gegen die Erderhitzung nicht mehr nur auf die Politik, sondern auf die Macht des Rechts zu setzen.

UN-Sonderberichterstatter gibt es viele zu allen möglichen Themen: vom Zugang zu sicherem Trinkwasser bis zur Gewalt gegen Frauen, vom Recht auf Privatsphäre bis zum Umgang mit gefährlichen Abfällen. Sie können Untersuchungen anleiern, Berichte erstellen und auf Probleme aufmerksam machen. Richtig einflussreich sind sie nicht, dennoch ist die Entscheidung des Menschenrechtsrates wichtig. Er anerkennt damit letztlich, dass es beim Klimaschutz nicht nur um Fragen der Umwelt, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft geht, sondern um grundlegende individuelle Rechte. Zu lascher Klimaschutz ist aus dieser Perspektive nicht bloß bedauerliches Politikversagen, sondern kann anerkannte Menschenrechte verletzen.

Vorbild: Erfolgreiche Klage gegen Ölkonzern Shell

Und dagegen kann vor Gericht etwas unternommen werden – so wie Clara Mayer und Greenpeace das jetzt gegen VW versuchen. Ihr Vorbild ist eine erfolgreiche Klage niederländischer Bürger und Umweltverbände gegen den Ölkonzern Shell: Das Unternehmen war im Frühjahr dazu verurteilt worden, seine CO2-Emissionen deutlich zu senken. Kurz zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung dazu verurteilt, ihr Klimaschutzgesetz zu verschärfen. Unterlasse sie das, könne das in Zukunft die Freiheitsrechte der Klägerinnen und Kläger verletzen. Auch auf dieses Urteil berufen sich Greenpeace und Mayer in ihrer Klage gegen VW. Fachleute sehen in solchen Gerichtsprozessen einen vielversprechenden Weg, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu mehr Klimaschutz zu zwingen – ganz systemkonform, ohne Revolution. Ein UN-Sonderberichterstatter kann künftigen Klägerinnen und Klägern möglicherweise hilfreich zuarbeiten.

Manchen Aktivistinnen und Aktivisten, die gerade die Klimakonferenz in Glasgow als sinnloses „Blabla“ abtun, mag der zuweilen mühsame und langwierige Weg über das Recht nicht schnell genug gehen. Aber wenn wirksamer Klimaschutz wirklich einen grundlegenden Wandel der Lebensweise von Milliarden Menschen auf diesem Planeten erfordert, dann gibt es keine schnellen Lösungen. Ein solcher Wandel geschieht nicht auf Knopfdruck und lässt sich nicht verordnen, sondern erfordert die Akzeptanz neuer Normen und Überzeugungen dazu, was richtig und falsch, gut und schlecht sowie legitim und illegitim ist. Und das braucht Zeit.

Der wichtige Wandel von Normen findet gerade statt

Dass es jetzt einen UN-Sonderberichterstatter zu Menschenrechten und dem Klimawandel gibt, dass sich die Klagen gegen Regierungen und Unternehmen auf wirksameren Klimaschutz häufen und dass Gerichte erste bahnbrechende Urteil zugunsten der Klägerinnen und Kläger fällen – all das zeigt, dass der erforderliche Normwandel stattfindet. Offenbar erreicht er gerade die wichtige Wegmarke, an der klimaschädliche Praktiken nicht mehr nur als politisch inakzeptabel, sondern zunehmend als nicht rechtmäßig eingestuft werden. Und das macht Hoffnung.

 

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Immer wieder verblüffen Sie Ihre Leser mit neuen Gedankengängen, besonders wenn sie in die Irre führen. Neben den geräuschvollen Demos für den Verzicht auf fossile Energie gibt es auch eine stille Mehrheit für den Verzicht, weil fossile Energie nur begrenzt vorhanden ist. Schreiben Sie doch mal für jene die meinen, der Meeresspiegel wird weiter ansteigen und der Permafrost auftauen, auch wenn Deutschland gar kein CO2 produziert. Oder für jene die erkannt haben, nicht was täglich an ppm CO2 hinzukommt ist klimawirksam, sondern was seit der Industrialisierung angehäuft wurde. Zu Elliesens gesammelten Irrtümern gehört auch protestierende junge Menschen hätten irgendwann Einfluss auf das Weltklima. Nun ja, Sie müssen Geld verdienen mit Ihren Zeilen, das ginge auch wenn Sie die Seiten wechseln. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass Global Warming aufzuhalten ist. Dann macht es mehr Sinn, sich mit der Eindämmung der Folgen zu befassen und sinnvolle Vorschläge in diese Richtung zu machen.

Antwort auf von Georg Lohmann (nicht überprüft)

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Wie immer, lieber Herr Lohmann, haben Sie ein wenig recht und ein wenig unrecht. Natürlich wird der Meeresspiegel weiter ansteigen und der Permafrost auftauen, selbst wenn Deutschland gar kein CO2 mehr produzierte. Aber vielleicht steigt der Meeresspiegel ja etwas weniger stark und taut der Permafrost etwas weniger großflächig, wenn Deutschland UND der Rest der Welt kein CO2 mehr produzierten. Das wäre doch schon was. Und, ja, die Erderwärmung schreitet voran und wird wohl die Zwei-Grad-Grenze mehr oder weniger deutlich überschreiten, so wie es derzeit aussieht. Aber auf dieses "mehr oder weniger" kommt es durchaus an - und damit eben doch auch auf die Menge CO2, die der Mensch in den kommenden Jahrzehnten noch ausstoßen wird. Denn mit der Ansicht, allein das bereits bis heute (oder bis wann?) in der Atmosphäre angehäufte CO2 sei klimawandelrelevant und nicht auch das, was noch kommt oder eben nicht kommt - mit dieser Ansicht stehen Sie ziemlich allein da in der Welt der Wissenschaft.

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... hoffe, es strapaziert Sie nicht zu sehr, sich anhaltend mit meinem Widerstand zu beschäftigen. Mit einer Ansicht allein dazustehen, ist ja per se nichts Negatives. Seit über 20 Jahren fahren z.B. alle meine Autos mit nachwachsender Energie (Pflanzenöl) und somit CO2-neutral. Damit gewinnt man in diesem Umfeld keinen Blumentopf, Gleichgesinnte stehen auch allein da in der Welt der Wissenschaft, unser Beitrag zum Klimaschutz. Aber Spass beiseite---belegen Sie mal, wo ich ein wenig unrecht habe.

Antwort auf von Georg Lohmann (nicht überprüft)

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Naja, wie gesagt, ich finde, Sie liegen falsch, wenn Sie sagen, es sei letztlich egal, ob und wie stark Deutschland in den kommenden Jahrzehnten seinen CO2-Ausstoß reduziert. Wenn das stimmte, dann stimmte es ja genauso für alle anderen Ländern und überhaupt. Ich kann nicht belegen, dass Sie da unrecht haben, weil ich nicht in die Zukunft sehen kann. Aber der globale Sachverstand sagt etwas anderes und dies ja nicht aus Jux und Dollerei, sondern nach einigen Jahrzehnten Investitionen von nicht zu knapp Hirnschmalz. Dass Ihre Autos auch mit einer Art Schmalz fahren, finde ich ganz toll. Noch lieber wäre mir freilich, Sie führen gar kein Auto, denn ich, der nicht einmal einen Führerschein hat, sage Ihnen als passionierter Radfahrer: Autos nerven, womit sie auch immer angetrieben werden.

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