In der Fremde

Renate Sova, Ursula Sova, Folgert Duit (Hg.)
Dorthin kann ich nicht zurück. Flüchtlinge erzählen.
Promedia Verlag, Wien 2012, 208 Seiten, 15,90 Euro.

„Dorthin kann ich nicht zurück“: Bereits der Buchtitel führt dem Leser eine Gewissheit vor Augen, die das Leben vieler Flüchtlinge beherrscht. Was es bedeutet, sein vertrautes Umfeld im Heimatland meist für immer zu verlassen, um in der Fremde Schutz und Sicherheit zu suchen und ein neues Leben aufzubauen, dies bringt uns dieses Buch eindrücklich nahe.
Von Wunden und Narben, ihren Erfahrungen, Wünschen und Sehnsüchten erzählen 25 Menschen, die aus unterschiedlichen Teilen der Welt in der Nähe von Wien Zuflucht fanden. Mit großer Offenheit geben sie Einblick in wichtige Abschnitte ihres Lebens: in Kindheit und Jugendalter, Zeiten von Bürgerkriegen, ethnischen und interreligiösen Auseinandersetzungen, ihrem Aufbegehren gegen Unterdrückung, Erlebnissen der Inhaftierung, Folter und gefahrenreicher Flucht. Das Buch beschränkt sich aber nicht auf Schilderungen traumatischer Erfahrungen, die den Leser allzu leicht in Resignation versetzen könnten.

Es zeigt Elemente der Hoffnung auf. So finden sich in vielen Erzählungen farbenfrohe und heitere Momente: Romantische Erlebnisse in der Jugend, das Geborgensein in Familie und Dorfgemeinschaft oder die unerschütterliche Begeisterung für Gemüse- und Obstanbau. Auch erfährt der Leser von Menschen, die es trotz aller ausländerrechtlichen Hemmnisse geschafft haben, sehr gute Sprachkenntnisse zu erwerben, erfolgreich ein Studium zu absolvieren oder – wie ein afghanischer Asylbewerber – als Trainer einer österreichischen Jugendmannschaft große Anerkennung zu finden.

Partnerschaftliche Initiativen von Vereinen wie „Südwind“, „Grenzenlos“ und „St. Andrä-Wördern“ tragen dazu bei, dass sich Flüchtlinge bei neuen Freunden oder Familien geborgen fühlen. Der vertrauensvolle Dialog vieler ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die Flüchtlinge oft über lange Zeit begleitet und deren Geschichten aufgeschrieben haben, findet auch in den schön gestalteten Bildern der tschechischen Fotografin Nadja Meister ihren Ausdruck.

Für das Verständnis der ausländerpolitischen und asylrechtlichen Rahmenbedingungen ist das Schlusskapitel wichtig, das einen Überblick zur Situation in Österreich, Deutschland und der Schweiz gibt und eine kurze Liste relevanter Adressen und Links enthält. Diesem Buch ist ein großer Leserkreis zu wünschen: Mit seinen zum großen Teil sehr bewegenden Erzählungen trägt es dazu bei, mehr von Menschen zu erfahren, die in ihrer neuen Heimat Unterstützung brauchen.                  Helmut Scherbaum
 

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