Entwicklung privatisieren

Die EU-Kommission will die Privatwirtschaft stärker für die Entwicklungszusammenarbeit gewinnen. Im Mai hat sie dafür einen Kriterienkatalog vorgelegt. Den nichtstaatlichen Entwicklungsorganisationen sind die Vorgaben zu schwammig und unverbindlich.

In ihrer Mitteilung an den EU-Ministerrat und das Europaparlament erklärt die Kommission, wie sie die Privatwirtschaft in entwicklungspolitische Vorhaben einbeziehen will und welche Regeln dabei beachtet werden sollen. Das Papier listet zwölf Bereiche auf, für die sich die Beteiligung der Wirtschaft eignet, etwa finanzielle Beratung und Diagnose oder die Verbindung von Unternehmen mit Ausbildungsdienstleistern. Der Dachverband der europäischen Entwicklungsorganisationen ConcordEurope moniert, die Arbeitsfelder seien sehr schwammig formuliert.

Die Mitteilung nennt außerdem sechs Kriterien, an die sich öffentlich geförderte Vorhaben mit privatwirtschaftlicher Beteiligung halten sollten: Die Projekte sollten messbare Wirkung entfalten; es muss zudem nachgewiesen werden, dass sie ohne die öffentliche Förderung nicht zustande gekommen wären. Die Durchführung muss transparent sein, lokale Steuerregeln sowie Öko- und Sozialstandards, etwa die Menschenrechte, müssen beachtet werden.

Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern für die öffentlich-private Entwicklungszusammenarbeit schon seit langem Kriterien dieser Art; ConcordEurope etwa hatte in einer Studie zum sogenannten „Blending“, bei dem öffentliche und private Kapitalmittel gemischt werden, bereits vor vier Jahren verbindliche Regeln angemahnt. In der Kommissionsmitteilung hingegen werden sie nur als Absichten aufgelistet, die bei der Mittelvergabe in Betracht gezogen würden.

Die Entwicklungsminister begrüßen die Mitteilung

Aus dem Papier der Kommission tritt deutlich hervor, wie sehr sie auf eine Ausweitung des Außenhandels der Partnerländer sowie auf eine Durchdringung der Märkte dort zielt. So verweist sie darauf, wie stark die EU die „Hilfe zum Handel“ erhöht hat, mit der sie Entwicklungsländer unterstützen will, ihre Exporte zu steigern. Für Brüssel ist das offenbar der entwicklungspolitische Königsweg. Die EU und ihre Mitgliedstaaten leisten nach Angaben der Kommission weltweit den größten Anteil solcher „Aid for Trade“, von der ein Großteil nach Afrika fließt.

Der Rat der EU-Entwicklungsminister begrüßte die Mitteilung auf seinem Treffen am 19. Mai in Brüssel. Die Minister hoben die wichtige Rolle privater Investitionen in den Entwicklungsländern hervor. Sie plädierten außerdem dafür, dass sich die „erheblichen Leistungen“ privater Unternehmen in den Entwicklungshilfe-Statistiken der Geberländer niederschlagen.

ConcordEurope kritisiert, dass die von der Kommission formulierten Kriterien nicht verbindlich sind und wichtige Punkte wie die Beteiligung der Bevölkerung in Projektgebieten an der Planung und Vergabe öffentlich geförderter Vorhaben mit privatwirtschaftlichen Partnern nicht vorkommt. Überhaupt sei fragwürdig, öffentliche Mittel dafür einzusetzen, die Rentabilität privater Investitionen zu steigern.

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erschienen in Ausgabe 6 / 2014: Tschad: Langer Kampf um Gerechtigkeit
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