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Zum Thema
Streit um Gemeinnützigkeit
Anti-Ngo-Gesetze
Der Bundestag ist besorgt über Gesetze gegen nichtstaatliche Organisationen. Die Opposition will, dass sich die Bundesregierung für den Schutz der Zivilgesellschaft in anderen Ländern einsetzt. Koalitionsvertreter sehen den Handlungsspielraum aber oft begrenzt.

In mehr als 60 Ländern haben Regierungen in den vergangenen drei Jahren Gesetze erlassen, mit denen der Raum für zivilgesellschaftliches Engagement indirekt oder auch ganz offenkundig eingeschränkt wird. Die globale Organisation für Bürgerbeteiligung CIVICUS zählte in den vergangenen zwei Jahren 96 Eingriffe in die Rechte von Organisationen, die die Interessen bestimmter Bevölkerungsgruppen vertreten oder als Hüter von Demokratie und Menschenrechten auftreten.

Meist werden kritische Gruppen von staatlicher Seite drangsaliert, indem ihnen Pflichten auferlegt werden, die die Registrierung erschweren, wie zuletzt in Russland. Organisationen, die Geld aus dem Ausland erhalten und sich „politisch betätigen“, werden dort inzwischen als „ausländischer Agent“ eingetragen. In Äthiopien dürfen seit 2009 nichtstaatliche Organisationen nur noch dann zu politischen Fragen wie der Förderung der Menschenrechte, Konfliktbearbeitung oder der Gleichstellung der Geschlechter arbeiten, wenn sie weniger als zehn Prozent der Finanzmittel aus dem Ausland erhalten. Die Zahl der NGOs in dem Land am Horn von Afrika ist seitdem um zwei Drittel geschrumpft. China nimmt gerade in einem Gesetzentwurf eine ganze Palette ausländischer Organisationen ins Visier, darunter auch politische Stiftungen und Wirtschaftsverbände.

Der Selbstschutz der Eliten

Man habe es mit einem weltweiten menschenrechtlichen Problem zu tun, nicht nur in autokratischen Regimen, sondern auch in formal demokratisch regierten Ländern im Süden wie im Norden, betonte Kordula Schulz-Asche von der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, die die Debatte angestoßen hatte. „Wir sollten überall genau hinsehen“, mahnte die Obfrau des Unterausschusses „Bürgerschaftliches Engagement“.  

Rückschritte bei bürgerlichen Rechten habe die Menschenrechtsorganisation Freedom House in 105 Ländern beobachtet – ob rechts oder links regiert, egal welcher religiöser Ausrichtung, stellte Frank Schwabe, SPD-Fraktionssprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe fest. In einer Reihe mit Indien, Ägypten, Ecuador, Israel und den Palästinensern nannte er auch den ungarischen Regierungschef Victor Orbán, der von gekauften politischen Aktivisten rede und 49 Organisationen Finanzprüfungen auferlegt habe. Deutschland dürfe nicht nachlassen, bei internationalen Kontakten das Problem offen anzusprechen und den Finger in die Wunde zu legen.

Nach Einschätzung von Bernd Fabritius von der CDU/CSU-Fraktion geschieht dies in der täglichen Arbeit und in Regierungsverhandlungen mit Partnerländern bereits sehr engagiert. So würden Menschenrechtsverteidiger gezielt und dauerhaft gefördert. Man habe es jedoch weltweit mit einem Teilrückzug der Demokratie und einer abnehmenden Qualität von Demokratie zu tun. Eliten versuchten ihre Macht mit Repressalien vor selbstbewussterer Kritik aus der Gesellschaft zu schützen.  

Eine gemeinsame Entschließung aller Fraktionen, die gemäß dem Antrag der Grünen gefordert hätte, „Anti-NGO-Gesetze zu stoppen“, wollten die Konservativen dennoch nicht unterstützen. Wohl könne die Bundesregierung neuen Schikanen entgegenwirken, sagte Fabritius. Stoppen könne sie diese aber nicht. Da stoße ihr Einfluss an Grenzen.

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erschienen in Ausgabe 5 / 2016: Religion: Vom Glauben und Zweifeln
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