Gegen Gehirnwäsche und Korruption

Simbabwe
Lange haben die Kirchen in Simbabwe zu Armut und Machtmissbrauch geschwiegen. Nun wollen sie die Gesellschaft einen.

Für 2018 sind in Simbabwe die nächsten Wahlen geplant. Es ist unklar, ob Präsident Robert Mugabe das offizielle Ende seiner siebten Amtszeit am 31. Juli 2018 noch erlebt. Über den Gesundheitszustand des 93-Jährigen, der das Land in eine schwere Krise geführt hat, wird viel spekuliert. Gleichzeitig kann sich kaum jemand vorstellen, dass Mugabe die Macht einfach so abgibt. Die Wahlen 2013 hatte er mit skrupellosen Tricksereien gewonnen. Vielen in der Zivilgesellschaft wurde damals klar, dass Wahlen allein den politischen und gesellschaftlichen Wandel in Simbabwe nicht herbeiführen können. Wichtiger ist vielmehr, die verschiedenen Gruppen zusammenzubringen und der Polarisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken.

Dafür braucht es starke Akteure. Doch der Simbabwische Kirchenrat (ZCC), der in der Geschichte des Landes schon öfter eine wichtige Rolle gespielt hatte, war in den vergangenen Jahren für eine solche Rolle ausgefallen. Er steckte institutionell in der Krise, das Geld war knapp. „Die Menschen waren frustriert darüber, dass die Kirchen so lange über das Leid der Bevölkerung schwiegen“, sagt Kenneth Mtata. Der Theologe, der zuvor beim Lutherischen Weltbund in Genf gearbeitet hat, ist seit September 2016 Generalsekretär des ZCC. „Wir wollen wieder eine stärkere Rolle in der Öffentlichkeit spielen“, sagt er.

Dafür hat sich der ZCC internationale Rückendeckung aus Genf geholt. Für zwei Tage ist Ende Mai eine hochrangige Delegation des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) nach Harare gereist, um mit Vertretern der 26 Mitgliedskirchen über die künftige politische und gesellschaftliche Rolle des Dachverbands zu sprechen. Zum einen wolle man gemeinsam mit dem ÖRK ein Beobachterteam für die nächsten Wahlen zusammenstellen. Darüber hinaus aber auch nachhaltig und dauerhaft Einfluss auf Politik und Gesellschaft nehmen, „damit Frieden und Wohlstand in das Land zurückkehrten“, hieß es am Ende des Treffens.

Die Kirchen kehren vor der eigenen Tür

Mtata machte klar, was das heißt: Gegenüber simbabwischen Medien sagte er, der ZCC werde künftig die Kirchen anprangern, die bei ihren Mitgliedern „Gehirnwäsche“ für bestimmte Politiker betrieben und dafür teilweise die heiligen Schriften missbrauchten. „Die Aufgabe der Kirche ist es nicht zu sagen, wer regieren soll, sondern wie Regieren aussehen soll“, sagte er am Rande eines Dinners für die Gäste aus Genf. Religion ist in dem Land mit 13 Millionen Einwohnern, die zu 85 Prozent Christen sind, ein umkämpftes politisches Terrain. Immer wieder weisen Gemeinden bei ihren Veranstaltungen den Vertretern von politischen Parteien Ehrenplätze zu, bieten ihnen ein Forum und lassen die Menge in politische Slogans einstimmen.

Der ZCC, dessen Mitgliedskirchen etwa 70 Prozent der Bevölkerung vertreten, will sich zudem in Wirtschaftsfragen zu Wort melden. Das Land liegt wirtschaftlich am Boden. Korruption und Misswirtschaft haben aus dem einstigen Brotkorb Afrikas ein Armenhaus gemacht, mit dem niedrigsten Durchschnittseinkommen auf dem ganzen Kontinent. Laut der simbabwischen Handelskammer liegt die Arbeitslosigkeit bei 90 Prozent. Vor allem junge Simbabwer fliehen ins Nachbarland Südafrika oder anderswohin auf der Suche nach einer Zukunft.

Die Zivilgesellschaft will gemeinsam stärker werden

Der Kirchenrat ist bei seinem Einsatz für eine Versöhnung in der Gesellschaft nicht allein. „Seit zwei Jahren finden Dialogprozesse rund um Netzwerke wie das Zimbabwe Institut, Crisis in Zimbabwe Coalition, Plattform of Concerned Citizens und eben auch den ZCC statt“, sagt Boniface Mabanza von der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika (KASA). Die Netzwerke tauschen sich aus und haben das Ziel, die Zivilgesellschaft zu mobilisieren, zu koordinieren und zu befähigen, in entscheidenden Momenten eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Die Erwartungen an den ZCC, die Gruppen zusammenzubringen, seien hoch.

Von der Politik sind diese Entwicklungen nicht unbemerkt geblieben.  Ende Mai veröffentlichte Morgan Tsvangirai, Mugabes Langzeit-Herausforderer, ein Statement, dass seine Partei nach Bündnispartnern für eine „Nationale Koalition des Wandels“ suche. Bei der Wahl gehe es nicht um Kandidaten, sondern um das Volk. Als mögliche Bündnispartner nannte Tsvangirai unter anderen die Kirchen. Für Mtata ist das nur ein Schachzug, um möglichst viele Leute für sich selbst zu mobilisieren. „Wir haben kein Interesse daran, eine politische Partei auf ihrem Weg an die Macht zu unterstützen“, sagt er. Parteien bildeten Koalitionen, um einen Wettbewerbsvorteil während der Wahlen zu haben. „Wir dagegen wollen eine gemeinsame Plattform finden für die nationale Versöhnung mit allen politischen Parteien, der Zivilgesellschaft, den Kirchen und der Wirtschaft.“

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erschienen in Ausgabe 7 / 2017: Die Wüste lebt
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