„Staatliche Kontrolle fehlt“

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„Grüner Knopf“
Sabine Ferenschild über Gerd Müllers Pläne, ein neues Siegel für faire Kleidung zu schaffen.

Entwicklungsminister Gerd Müller will mit einem „Grünen Knopf“ den Verbrauchern auf den ersten Blick signalisieren, welche Kleidungsstücke ökologisch und fair produziert sind. Sie sehen das kritisch – warum?
Zunächst einmal: Der „Grüne Knopf“ ist ein Gütesiegel für ein Produkt und stellt gleichzeitig Anforderungen an das unternehmerische Handeln, die über die Herstellungsbedingungen dieses Produktes hinausgehen. Unternehmen, die ihn beantragen, müssen nachweisen, dass sie ihren Sorgfaltspflichten nachkommen. Diese Kombination ist innovativ. Zur Erfüllung dieser Sorgfaltspflichten genügt es jedoch nach aktuellem Stand der Planung, dass ein Unternehmen Mitglied im Textilbündnis des Entwicklungsministeriums ist und dort seine Pflichten zur Berichterstattung erfüllt. Das ist aus unserer Sicht vollkommen unzureichend.

Und was stört Sie an den geplanten Vergabekriterien für das Produktsiegel?
Das Entwicklungsministerium plant bislang, in den ersten beiden Jahren nur das Nähen der Kleidung, die Konfektion, zertifizieren. Die Umweltprobleme entstehen aber bereits früher: in der Färberei oder in der Weberei. Deshalb sollte von Anfang an die gesamte Lieferkette abgedeckt oder mindestens ein fester Zeitplan vereinbart werden, wann die vorgelagerten Verarbeitungsstufen integriert werden. Hinzu kommt: Der „Grüne Knopf“ soll für Kleidungsstücke vergeben werden, die schon ein privates Gütesiegel tragen, auch solche, die nur Mindeststandards erfüllen. Dabei verlässt man sich auf private Prüfverfahren, für die Vergabe des „Grünen Knopfes“ wird kein Kleidungsstück neu überprüft. Bisher scheint das Entwicklungsministerium keine Pläne für ein staatliches Kontrollsystem zu haben – was aber nötig wäre.
 
Auch die Textilwirtschaft kritisiert die Pläne des Ministers. Sitzen Sie jetzt im selben Boot?
Nein. Zwar kommt Kritik von allen Seiten, aber die Positionen sind doch sehr unterschiedlich. Unsere Haltung, dass das Siegel sehr anspruchsvoll sein soll und zugleich die Anforderungen an die unternehmerischen Sorgfaltspflichten hochgeschraubt werden sollen, deckt sich keinesfalls mit der Kritik der Wirtschaft. Es kommt jetzt darauf an, wie das Entwicklungsministerium die kritischen Bewertungen aller Seiten aufgreift. Im Frühjahr will es ein überarbeitetes Konzept vorstellen.

Es gibt also keine Anzeigen dafür, dass Minister Müller seine Pläne für einen „Grünen Knopf“ aufgibt?
Nein, das glaube ich nicht. Allerdings steht er vor dem Dilemma, das Konzept so auszuarbeiten, dass das Siegel zwar anspruchsvoll, zugleich aber auch für die Industrie akzeptabel ist. Der Blaue Engel für Textilien etwa ist ein Beispiel für einen anspruchsvollen Standard, der aber von Unternehmen nicht verwendet wird.

Was wäre eine bessere Alternative?
Ich wünsche mir, dass Minister Müller weitere Schritte in die Richtung tut, die er bereits angekündigt hat: sich dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung gesetzliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen verankert. Das wäre deutlich wegweisender, als ein weiteres Siegel einzuführen.

Das Gespräch führte Gesine Kauffmann.

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erschienen in Ausgabe 3 / 2019: Rassismus
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